Geburtengeld unterliegt nicht der Einkommensteuer
Das schweizer Geburtengeld unterliegt nicht der deutschen Einkommensteuer, die auf dieses versicherte Risiko gezahlten Beiträge des Arbeitgebers sind dagegen aber Lohnzahlung und vom Arbeitnehmer zu versteuern.
Urteil des BFH vom 29.04.2009 Az X R 31/08
Leitsatz
1. NV: Das Geburtengeld, das von einer schweizerischen Versicherung gezahlt wird, unterliegt als Leistung aus einer Krankenversicherung i.S.d. § 3 Nr. 1a EStG nicht der Einkommensteuer.
2. NV: Das Geburtengeld ist weder Mutterschaftsgeld i.S.v. § 32b Abs.1 Nr. 1 Buchst. b EStG noch Mutterschaftsgeld i.S.v. § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c EStG und unterliegt somit auch nicht dem Progressionsvorbehalt.
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wird für den Veranlagungszeitraum 2001 (Streitjahr) mit seiner Ehefrau (E) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. E war im Streitjahr bei der schweizerischen X AG in N/CH (Arbeitgeberin) als Mitarbeiterin im technischen Dienst beschäftigt. Im Lohnausweis für das Streitjahr sind „Taggelder aus Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherungen“ in Höhe von 8 002 CHF ausgewiesen, die von E bei der Abgabe der Einkommensteuererklärung als „Mutterschaftsgeld § 3 Nr. 1 EStG“ bezeichnet wurden. Diese Zahlungen leistete die Arbeitgeberin durch die M-Versicherung im Hinblick auf die Geburt des Sohnes der E am … Januar 2001. Der Betrag ergibt sich aus der Zahlung für 112 Tage à 71,45 CHF, was einem Anteil von 80 v.H. des Tageslohnes (bzw. des vollen Lohnes) der E entspricht.
Gestützt auf Art. 324a Abs. 4 des Bundesgesetzes betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht –OR–) tritt die Versicherungsleistung der Versicherung an die Stelle der gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht der Arbeitgeberin nach Art. 324a Abs. 1 bis 3 OR. Die Zahlungen der M-Versicherung (als Versicherer) beruhen auf einem nicht obligatorischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrag mit der Arbeitgeberin (als Versicherungsnehmerin) und der E (als versicherter Person). Der Vertrag wurde abgeschlossen über den Erwerbsausfall bei Krankheit einschließlich Geburtengeld. Der Abschluss dieses Vertrages für Lohnausfall bei Krankheit und Mutterschaft war im Arbeitsvertrag der E vereinbart worden. Es handelt sich um einen Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrag nach dem Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) vom 2. April 1908, der dem (schweizerischen) Privatversicherungsrecht unterliegt (vgl. zu den schweizerischen Rechtsgrundlagen das vom Finanzgericht –FG– angeforderte Gutachten von P vom 20. Juli 2007 mit den Ergänzungen vom 2. November 2007).
Der Bescheinigung „Lohn für H 2001“ vom 1. März 2001 sowie dem Lohnausweis für die Steuerklärung vom 31. Dezember 2001 ist zu entnehmen, dass die Arbeitgeberin Beiträge für die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung in Höhe von 216 CHF vom Bruttolohn der E einbehalten und abgeführt hat (jeweils monatlich 18 CHF = 0,9 v.H. des Bruttolohnes). Der Arbeitgeberanteil für die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung betrug für das Streitjahr insgesamt 181 CHF. Da die Schweiz erst seit dem 1. Juli 2005 eine obligatorische Versicherung für Leistungen bei Mutterschaft kennt, bestand im Streitjahr in der Schweiz für eine Versicherung über Mutterschaftsleistungen keine gesetzliche Verpflichtung.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr ging E davon aus, das Geburtengeld sei nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu berücksichtigen. Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) nicht, sondern unterwarf das Geburtengeld im Einkommensteuerbescheid vom 13. Juni 2003 der Einkommensteuer. Der eingelegte Einspruch blieb insoweit ohne Erfolg; das FA berücksichtigte jedoch den (Eigen-)Beitrag der E für die Kollektivversicherung von 216 CHF als Werbungskosten bei deren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Das FG gab mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 1862 veröffentlichten Urteil vom 12. Dezember 2007 dem Kläger im Wesentlichen Recht. Es sah nicht die Leistungen aus der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung als steuerpflichtigen Arbeitslohn an, sondern die auf E entfallenden Beiträge ihres Arbeitgebers für die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung. Die nicht steuerbaren Leistungen aus der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung unterwarf es nicht dem Progressionsvorbehalt.
Seine Revision begründet das FA damit, bei dem Mutterschaftsgeld aufgrund des mit der Arbeitgeberin der E abgeschlossenen Vertrages über eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung handele es sich um steuerbare Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr gültigen Fassung. Eine Steuerbefreiung aufgrund der Befreiungsvorschrift des § 3 EStG sei nicht einschlägig; weder liege ein Krankengeld gemäß § 3 Nr. 1a EStG vor noch sei § 3 Nr. 1d EStG anzuwenden, da dort nur das deutsche Mutterschaftsgeld aufgeführt sei. Eine teleologische Gesetzesauslegung könne zwar dazu führen, das gezahlte Mutterschaftsgeld unter die Befreiungsnorm des § 3 Nr. 1a oder Nr. 1d EStG zu fassen; dann müsse aber auch die entsprechende Einbeziehung in den Progressionsvorbehalt gemäß § 32b EStG möglich sein. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Mutterschaftsgeldzahlungen ausschließlich dazu dienten, entgehende Einnahmen der E aus ihrer bisherigen nichtselbständigen Tätigkeit auszugleichen, und somit –wirtschaftlich betrachtet– Einnahmen für den entgehenden Arbeitslohn darstellten, so dass eine Parallele zum deutschen Mutterschaftsgeld bestehe.
Das FA beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Anfechtungsklage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zutreffend hat das FG entschieden, dass die von dem Arbeitgeber geleisteten Beiträge für die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung zugunsten der Ehefrau des Klägers steuerpflichtiger Arbeitslohn der E sind (unten 1.). Das aufgrund der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung gezahlte Geburtengeld ist weder steuerpflichtiger Arbeitslohn (unten 2.) noch stellt es eine sonstige steuerpflichtige Leistung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG dar (unten 3.) noch ist es in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen (unten 4.).
Da der Bundesrepublik Deutschland entweder nach Art. 15a oder Art. 21 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 11. August 1971 –DBA-Schweiz 1971/1992– (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) in der Fassung des Protokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zusteht, ist die Prüfung und Abgrenzung, ob es sich bei den Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers sowie bei dem von der M-Versicherung gezahlten Geburtengeld um Arbeitslohn handelt, nach deutschem Recht als dem Recht des Anwendestaates vorzunehmen (siehe auch Brandis in Debatin/Wassermeyer, MA, DBA-Schweiz Art. 15a Rz 26).
1. Der von der Arbeitgeberin gezahlte Arbeitgeberanteil für die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung in der unbestrittenen Höhe von 181 CHF stellt steuerpflichtigen Arbeitslohn der E dar.
a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die „für eine Beschäftigung“ gewährt werden, also als Frucht der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber zu betrachten sind. Zum Arbeitslohn gehören nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch die Ausgaben, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahe stehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (Zukunftssicherung). Die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, für die der Arbeitgeber an einen Dritten (Versicherer) zahlt, hängt davon ab, ob sich der Vorgang –wirtschaftlich betrachtet– so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat, ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht (vgl. BFH-Urteil vom 15. November 2007 VI R 30/04, BFH/NV 2008, 550, m.w.N.).
Das FG hat zutreffend das Vorliegen dieser Voraussetzungen bejaht: Bei den Beiträgen der Arbeitgeberin der E für die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung, die diese an die M-Versicherung gezahlt hat, handelt es sich um Ausgaben, die der E als versicherter Person einen Versicherungsschutz für den Fall der Krankheit und der Mutterschaft verschaffen und damit deren Zukunftssicherung dienen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung). Durch den Abschluss des Kollektivversicherungsvertrages hat E einen unentziehbaren Anspruch auf die Leistungen im Versorgungsfall gegen den Versicherer. Grundlage dieses direkten/unmittelbaren Anspruchs ist –wie sich den zusätzlichen Erläuterungen des Gutachters vom 2. November 2007 entnehmen lässt– die Vorschrift des Art. 87 VVG. Danach steht demjenigen aus einer Kollektiv-Krankentaggeldversicherung, zu dessen Gunsten die Versicherung abgeschlossen wurde, mit dem Eintritt der Krankheit ein selbständiges Forderungsrecht zu. Da der vorliegende Versicherungsvertrag auch Leistungen bei Mutterschaft in Form des Geburtengeldes vorsieht, hatte E einen unentziehbaren Anspruch auf diese Leistung, so dass der auf E entfallende Beitrag ihres Arbeitgebers für die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung als Arbeitslohn zu beurteilen ist.
b) Zutreffend ist das FG auch davon ausgegangen, dass der Arbeitgeberanteil nicht gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei ist. Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers sind nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei, wenn der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist.
Für die Beurteilung, ob eine solche gesetzliche Verpflichtung besteht, ist das schweizerische Recht maßgeblich. Es besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit, im Rahmen der Privatautonomie für zwischen den Parteien bestehende Verpflichtungen und Ansprüche wirksam das Arbeitsstatut nach deutschem Arbeitsrecht zu vereinbaren. Abgesehen davon, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Arbeitsverhältnis der E dem deutschen Arbeitsrecht unterworfen werden sollte, können öffentlich-rechtliche Ansprüche und Verpflichtungen, d.h. solche etwa gegen Versicherungsträger oder andere öffentlich-rechtliche Stellen, im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des deutschen Arbeitsrechts ebenso wenig zwischen den privaten Parteien des Arbeitsverhältnisses rechtswirksam vereinbart werden, wie sie für Arbeitsverhältnisse im Inland abbedungen werden können (Urteil des Bundessozialgerichts –BSG– vom 12. Juni 1986 8 RK 5/85, SozR 7830, § 13 Nr. 8).
Da nach dem einschlägigen schweizerischen Recht im Streitjahr weder eine Krankentaggeldversicherung noch eine Mutterschaftsversicherung obligatorisch war, liegen die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 62 EStG nicht vor. Zudem ist weder dieser Vorschrift noch dem Einkommensteuerrecht insgesamt die gesetzgeberische Grundentscheidung zu entnehmen, dass unabhängig von diesen tatbestandlichen Voraussetzungen Lohn stets insoweit von der Einkommensteuer zu befreien wäre, als er für Zukunftssicherungsleistungen verwendet wird (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 18. Dezember 2007 VI R 13/05, BFH/NV 2008, 794, m.w.N.).
c) Der Kläger und E hatten die Höchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG bereits ausgeschöpft; somit bedarf die Frage, ob die von und für E geleisteten Beiträge für die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung als Sonderausgaben steuermindernd geltend gemacht werden können, keiner Entscheidung.
2. Sind schon die vom Arbeitgeber für den Versicherungsschutz erbrachten Aufwendungen Arbeitslohn, führen nach der ständigen BFH-Rechtsprechung die darauf erbrachten Versicherungsleistungen zu keinem weiteren Arbeitslohn (vgl. Urteil in BFH/NV 2008, 550, m.w.N.). Damit liegt kein Arbeitslohn vor, wenn –wie im Streitfall– eine Leistung aus einem Versicherungsverhältnis auf eigene und nicht lediglich dem Arbeitgeber zustehende Ansprüche des Arbeitnehmers erbracht und der Versicherungsschutz im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt wird (vgl. BFH-Urteil vom 26. Mai 1998 VI R 9/96, BFHE 186, 247, BStBl II 1998, 581). Dem steht nicht entgegen, dass der Arbeitgeber sowohl in den Beitragseinzug als auch in die Auszahlung des Krankentagegeldes eingeschaltet war, da dies nichts am Charakter der Zuwendungen ändert (BFH-Urteil in BFHE 186, 247, BStBl II 1998, 581). Ebenfalls ist es unerheblich, dass das Versicherungsverhältnis an das Arbeitsverhältnis anknüpft (BFH-Urteil in BFHE 186, 247, BStBl II 1998, 581) und der Arbeitgeber durch die Versicherungsleistung von seiner Lohnfortzahlungspflicht befreit wird.
3. Es kann dahinstehen, ob in dem Bezug des Geburtengeldes Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG zu sehen sind; das Geburtengeld, das von der schweizerischen M-Versicherung gezahlt wurde, unterliegt jedenfalls als „Leistung aus einer Krankenversicherung“ i.S. des § 3 Nr. 1a EStG nicht der Einkommensteuer.
a) § 3 Nr. 1a EStG enthält keine Beschränkung auf die Leistungen eines inländischen Versicherungsunternehmens (vgl. BFH-Urteil in BFHE 186, 247, BStBl II 1998, 581 zur schweizerischen Betriebskrankenkasse). Ebenso wenig muss es sich –anders als bei der Unfallversicherung in § 3 Nr. 1a EStG– um die Leistungen eines gesetzlichen Versicherers handeln.
b) Auch ist das Geburtengeld eine Leistung i.S. des § 3 Nr. 1a EStG. Diese Vorschrift umschreibt zwar nicht ausdrücklich den –steuerbefreiten– Leistungsumfang; es ist jedoch davon auszugehen, dass der entsprechende Katalog der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung heranzuziehen ist (BFH-Urteil vom 22. Mai 1969 IV R 144/68, BFHE 95, 447, BStBl II 1969, 489; vgl. auch Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 3 Nr. 1 EStG Rz 6; v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 1a Rz B 1a/48).
Die Steuerfreiheit der Krankenversicherungsleistungen beruht in erster Linie auf der Erwägung, den Steuerpflichtigen vor den Folgen einer Krankheit zu schützen und ihm die Deckung der durch die Krankheit entstandenen Aufwendungen zu erleichtern. Der BFH hat auch für das Krankengeld gemäß § 44 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und für das Krankentagegeld einer privaten Krankenversicherung die Steuerfreiheit gemäß § 3 Nr. 1a EStG anerkannt (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 550). Dasselbe muss auch für das aufgrund der Kollektiv-Krankentaggeldversicherung geleistete Geburtengeld gelten, da diese Leistung ebenso wie das Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung und das Krankentaggeld einer privaten Krankenversicherung Schutz vor dem Verdienstausfall als Folge der Geburt und dem Beschäftigungsverbot nach der Niederkunft gewährt.
4. Das FG hat ebenfalls zu Recht entschieden, dass das von der Ehefrau des Klägers im Streitjahr bezogene Geburtengeld nicht dem Progressionsvorbehalt gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG unterliegt.
a) Hat ein unbeschränkt Steuerpflichtiger in dem Veranlagungszeitraum Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Verletztengeld, Übergangsgeld oder vergleichbare Lohnersatzleistungen nach dem Fünften, Sechsten oder Siebten Buch Sozialgesetzbuch, dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte oder dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte erhalten, sind diese Bezüge dem Progressionsvorbehalt unterworfen (§ 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG). Diese Voraussetzungen treffen auf den Bezug des Geburtengeldes durch E nicht zu.
aa) Die von dem FA vertretene Auffassung, § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG müsse auch auf das Geburtengeld anwendbar sein, das von einer schweizerischen Kollektiv-Krankentaggeldversicherung gezahlt wird, findet im Gesetz keine Stütze. Der Wortlaut dieser Vorschrift verweist auf Lohnersatzleistungen nach dem Fünften, Sechsten oder Siebten Buch Sozialgesetzbuch. Diese liegen hier unstreitig nicht vor; Rechtsgrund für die Zahlung des Geburtengeldes war der dem schweizerischen Privatversicherungsrecht unterliegende Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrag mit der M-Versicherung.
bb) Für eine über den Wortlaut hinausgehende –analoge– Auslegung des § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG besteht keine Möglichkeit. Das Gesetz unterwirft in § 32b Abs. 1 Nr. 1 EStG nur bestimmte, enumerativ aufgezählten „Ersatzleistungen“ dem Progressionsvorbehalt (HHR/Probst, § 32b EStG Rz 62; Blümich/ Wagner, § 32b EStG Rz 37; Naujok in Lademann, EStG, § 32b EStG Rz 33; Handzik in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 32b Rz 76; Krippner in Bordewin/Brandt, § 32b EStG Rz 20; Frenz, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghof, a.a.O., § 32b Rz D 10; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 32b Rz 10; Schmidt/Heinicke, EStG, 28. Aufl., § 32b Rz 22), zu denen das von der Ehefrau des Klägers bezogene Geburtengeld nicht zählt. Es liegt keine zu schließende Gesetzeslücke vor, wenn nur die aufgrund der deutschen Sozialversicherungssysteme erhaltenen Lohnersatzleistungen und nicht auch Leistungen ausländischer privater Versicherungen in den Progressionsvorbehalt einbezogen werden. Der Gesetzgeber hat bei der Auswahl des Steuergegenstandes bzw. bei der Auswahl der Leistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen sollen, den ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraum verfassungskonform ausgefüllt, indem er lediglich die Leistungen gesetzlicher Versicherungsträger dem Progressionsvorbehalt unterworfen hat (Senatsurteil vom 26. November 2008 X R 53/06, BStBl II 2009, 376).
b) Aus denselben Erwägungen scheidet eine Einbeziehung des Geburtengeldes in den Progressionsvorbehalt gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c EStG aus. Es handelt sich bei dem Geburtengeld nicht um eine in dieser Vorschrift aufgeführte Leistung nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG), zu denen das Mutterschaftsgeld nach § 13 MuSchG, der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG, die Sonderunterstützung nach dem MuSchG sowie der Zuschuss nach § 4a der Mutterschutzverordnung gehören. Das MuSchG gilt im Streitfall nicht für die Ehefrau des Klägers, da das MuSchG grundsätzlich nur dann Anwendung findet, wenn der Arbeitsort der Frau im Bundesgebiet liegt (vgl. BSG-Urteil vom 22. Februar 1972 3 RK 61/69, BSGE 34, 76; Zmarzlik/ Zipperer/Viethen, Mutterschutzgesetz, Mutterschaftsleistungen, Bundeserziehungsgeldgesetz, 8. Aufl., § 1 MuSchG Rz 23).
Kategorien: DBA, Einkommen, Grenzgänger, Schweiz
Schlagworte:Lohnsteuer, Schweiz