Abzugsverpflichtung 50a EstG für künstlerische Darbietungen
Die Abzugsverpflichtung für künstlerische Darbietungen umfasst nicht die Anteile die für eine eigenständige Produktionsgesellschaft für technische Dienstleitungen erbracht wird.
FG München, Urteil vom 30. 3. 2009 – 7 K 3826/05
EStG 50a Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d; AO § 42
Revision eingelegt BFH I R 93/09
Sachverhalt:
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der M-GmbH. Streitig ist, ob die M-GmbH zutreffend für Steuerabzugsbeträge gemäß § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG in Haftung genommen wurde.
Die M-GmbH wurde am 24. 2. 1997 gegründet. Gegenstand ihres Unternehmens ist die Vermarktung, Vermittlung und Förderung von Musik- und Unterhaltungsgruppen, insbesondere der Gruppe G, der Erwerb und die Vermietung von Musikanlagen aller Art, der Verkauf von Tonträgern, Fanartikeln und Fanzeitungen im In- und Ausland, die Produktion von Ton und Bild und die Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen aller Art. Das Stammkapital betrug 50 000 DM und wurde zu jeweils 50 % von den Musikern X und Y gehalten. X und Y wurden zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern der M-GmbH bestellt. Beide sind weiterhin Mitglieder der Volksmusikgruppe G, die in den Streitjahren aus in Österreich ansässigen Musikern bestand. Die Gruppe bestreitet circa 80 bis 85 % ihrer Auftritte in Deutschland.
Bis einschließlich 1996 wurden die Verträge für die inländischen Konzerte der Gruppe G unmittelbar zwischen den Mitgliedern der Gruppe und den jeweiligen örtlichen Veranstaltern der Konzerte abgeschlossen. Die Honorare für die inländischen Konzerte wurden dabei von den inländischen Veranstaltern dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG unterworfen.
Nach Gründung der M-GmbH wurden die Verträge mit den inländischen Veranstaltern der Konzerte der Gruppe G von der M-GmbH, vertreten durch die T- GmbH, geschlossen. Die T-GmbH fungierte dabei als Musikagentin im Namen und für Rechnung der M-GmbH und erhielt für ihre Leistungen von der M-GmbH Provisionen. Den Vertragsabschlüssen lagen gleich lautende standardisierte Vertragstexte zugrunde (sog. Künstler-Engagement-Vertrag). Die für die Live-Auftritte der Gruppe G vereinbarten Honorare wurden nach Rechnungstellung durch die T-GmbH von den inländischen Veranstaltern an die M‐GmbH ohne Steuerabzug nach § 50a EStG gezahlt.
Die M-GmbH schloss zur Durchführung der inländischen Konzerte folgende Verträge ab:
– Mit den Mitgliedern der Gruppe G wurden – für jeden Musiker einzeln – sog. Werkverträge abgeschlossen. Darin erklärten sich die jeweiligen Musiker bereit, der M-GmbH für Musikdarbietungen und sonstige, den Geschäftszweig des Unternehmens umfassenden Tätigkeiten, im Einzelfall zur Verfügung zu stehen. Des Weiteren verpflichteten sie sich, für die Dauer des Vertrags alle Tourneen, Einzelauftritte, Promotionen und Werbetermine im Bereich des Unternehmens der M-GmbH (Deutschland) wahrzunehmen. Als Entgelt für Musikauftritte und sonstige Aktivitäten wurde ein Honorar in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des auf die Künstler entfallenden Nettogagenanteils vereinbart.
– Mit der Firma K-GmbH schloss die M-GmbH am 10. 3. 1997 die Vereinbarung, dass sich die K-GmbH im Besitz sämtlicher Musikanlagen und Transportfahrzeuge befinde und sie diese der M-GmbH für die Durchführung von Musikveranstaltungen jeder Art, bei welchen der Einsatz dieser Betriebsmittel erforderlich sei, gegen ein Entgelt von 5 500 DM, ab 2000 3 070 € pro Auftritt zur Verfügung stelle.
Die K-GmbH hat ihren Sitz in Österreich. Gesellschafter sind die Ehefrauen von X und Y. Sie war in den Streitjahren Eigentümerin des Bühnenequipments und der für den Transport erforderlichen Fahrzeuge. Die K-GmbH stellte der M-GmbH die im Zusammenhang mit den Auftritten benötigte Technik, nämlich Licht und Ton (sog. Bühnenequipment) in Rechnung. Das Personal für Aufbau, Bedienung der Technik und Hilfspersonal wurde von der M-GmbH engagiert und bezahlt.
Die Musiker erhielten von der M-GmbH als Auftrittsgage insgesamt zwischen 35 – 43,5 % der Gesamteinnahmen aus den Konzerten. Von diesen Zahlungen behielt die M-GmbH Steuerabzugsbeträge nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG ein und führte sie an das FA ab. Hierzu gab die M-GmbH vierteljährliche Steueranmeldungen ab. Die den Anmeldungen beigefügten Gutschriften enthielten den Hinweis „Überweisungsbetrag an die einzelnen Konten der Musiker”. Von den Zahlungen an die K-GmbH für die Zurverfügungstellung des Bühnenequipments wurde kein Steuerabzug vorgenommen. Auch die Zahlungen an das in
Österreich ansässige technische Personal erfolgten ohne Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG.
Nach einer bei der M-GmbH durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung vertrat das FA die Auffassung, dass die Auftritte der Gruppe G als Einheit zu sehen seien, da nach § 16 der jeweiligen Engagement-Verträge das gesamte Bühnenequipment komplett von den Künstlern gestellt werde und nur nach deren Bühnenanweisungen einzurichten sei. Das FA sah aus diesem Grund die Splittung der Auftrittshonorare als missbräuchliche Gestaltung i. S. des § 42 AO an. Es ging davon aus, dass die gesamten von der M-GmbH bezogenen Honorare für die inländischen Auftritte der Gruppe G dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG zu unterwerfen seien und erließ gegen die M-GmbH einen Haftungsbescheid über Steuerabzugsbeträge gemäß § 50a EStG. Dagegen richtet sich die Klage.
Aus den Gründen:
Die Klage ist begründet.
(…)
Keine Steuerabzugspflicht für Zahlungen für technische Dienstleistungen und ausländisches technisches Personal
2. Zu Unrecht hat das FA jedoch die an die K-GmbH geleisteten Zahlungen der M-GmbH für die technischen Nebenleistungen sowie die Zahlungen an das ausländische technische Personal in die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG einbezogen.
Voraussetzungen der Steuerabzugspflicht
2.1 Nach § 50a Abs. 4 EStG wird bei beschränkt Steuerpflichtigen die Einkommensteuer in bestimmten Fällen im Wege des Steuerabzugs erhoben. In diesen Fällen muss der Schuldner der Vergütungen den Steuerabzug für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubigers vornehmen und die einbehaltene Steuer an das zuständige FA abführen (§ 50a Abs. 5 Sätze 2 und 3 EStG). Der Vergütungsschuldner haftet für die einzubehaltende und abzuführende Steuer (§ 50a Abs. 5 Satz 5 EStG); soweit er seine Verpflichtungen nicht erfüllt, kann das FA die Steuer bei ihm durch Haftungsbescheid anfordern (§ 73g EStDV).
Die Einbehaltungs- und Abführungspflicht des Vergütungsschuldners nach § 50a Abs. 4 EStG knüpft daran an, dass der beschränkt steuerpflichtige Vergütungsgläubiger der Einkommensteuer unterliegende Einkünfte (§ 1 Abs. 4 EStG) erzielt. Sie setzt mithin voraus, dass die vom Vergütungsschuldner geleisteten Zahlungen aus der Sicht des Vergütungsgläubigers dem Einkünftekatalog des § 49 EStG unterfallen. Ist das nicht der Fall, so scheidet mangels einer abzuführenden Steuer eine Haftung des Vergütungsgläubigers nach § 50a Abs. 5 EStG i. V. m. § 73g EStDV aus.
Unter den Tatbestand des § 50a Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG fallen Einkünfte, die durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen.
2.2 Unstreitig fallen die von den Mitgliedern der Gruppe G erbrachten Leistungen, die auf der Grundlage der zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern und der M-GmbH abgeschlossenen Werkverträge erbracht worden sind, unter den Tatbestand der künstlerischen Darbietungen. Für die hierfür den Gruppenmitgliedern ausbezahlten Honorare hat die M-GmbH auch zutreffend den Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG durchgeführt. Die Entgelte für die von der K-GmbH gegenüber der M-GmbH erbrachten Leistungen, die die Zurverfügungstellung der für die Konzerte erforderlichen technischen Betriebsmittel, insbesondere Licht und Ton, betrafen, würden dem Steuerabzug nach § 50 Abs. 4 Nr. 1 EStG nur unterliegen, wenn es sich hierbei entweder um eine einer künstlerischen Darbietung ähnliche Darbietung oder um eine mit der künstlerischen Leistung zusammenhängende Leistung i. S. von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG handeln würde. Gleiches gilt für die an die ausländischen Bühnentechniker ausbezahlten Vergütungen.
Technische Leistungen sind keine einer künstlerischen Darbietung ähnliche Darbietung …
a) Eine der künstlerischen Darbietung ähnliche Darbietung liegt nur vor, wenn sie Ausdruck einer eigenschöpferischen Leistung wäre und dem Publikum als solche und prinzipiell unabhängig von der Darbietung der Musiker in eigenständig wahrnehmbarer Weise dargeboten worden wäre (BFH v. 17. 11. 2004, I R 20/04, BFH/NV 2005, 892, BeckRS 2004, 25007639). Die Leistung müsste zum Grenzbereich der ausdrücklich genannten künstlerischen Darbietung gehören, sich lediglich graduell von dieser unterscheiden und Schnittstellen zu dieser aufweisen, die der Darbietung als solcher ihrerseits einen gewissen eigenschöpferischen Charakter verleihen (BFH v. 17. 10. 2007, I R 81, I R 82/06, BFH/NV 2008, 356, BeckRS 2007, 25012665). Dies kann bei der hier vorliegenden Überlassung technischer Betriebsmittel ebenso ausgeschlossen werden wie bei der Tätigkeit der ausländischen Bühnentechniker (Hidien, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 49 Rn. E 414).
… und mangels personellen Zusammenhangs keine mit der künstlerischen Leistung zusammenhängende Leistung
b) Voraussetzung für die Annahme von mit der künstlerischen Darbietung im Zusammenhang stehenden Leistungen ist neben dem unzweifelhaft bestehenden sachlichen Zusammenhang mit der Hauptleistung auch ein personeller Zusammenhang. Nach der Rechtsprechung des BFH muss einerseits die eigentliche steuerbegründende Hauptleistung und andererseits die darin einbezogene und mit dieser zusammenhängende Nebenleistung von einem und demselben Anbieter „aus einer Hand” erbracht werden. Nur so erklärt sich die gesetzliche Zuordnung dieser Nebenleistung zu den jeweiligen Haupttätigkeiten. Werden Nebenleistungen dagegen auf der Grundlage besonderer Verträge, die der inländische Veranstalter mit einem Dritten abgeschlossen hat, von einem anderen als dem Darbietenden erbracht, fehlt der erforderliche tatsächliche konkrete und untrennbare Zusammenhang mit der Darbietung (BFH v. 16. 5. 2001, I R 64/99, BStBl II 2003, 641, DStR 2001, 2065; v. 17. 11. 2004, I R 20/04, BFH/NV 2005, 892, BeckRS 2004, 25007639). Dieser Auffassung hat sich das FG Köln im Urteil vom 6. 11. 2008, 15 K 4515/02, EFG 2009, 255, BeckRS 2008, 26026213 angeschlossen. Auch die Literatur folgt dieser Auslegung weitgehend (Maßbaum, in: H/H/R, EStG, § 49 Rz. 548; Gosch, in: Kirchhof, EStG, 7. Aufl., § 49 Rz. 43; Hidien, a. a. O., E 411 ff.), ebenso auch die Verwaltung in R 59a.2 EStR 2008, die auf den BMF-Erlass vom 23. 1. 1996, IV B 4-S 2303-14/96 (BStBl I 1996, 89, BeckVerw 26817) verweist (dort Ziff. 2.2.3.2).
Grundsätze des BFH zur Auslegung von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG
aa) Der Senat folgt den als zutreffende Gesetzesauslegung erkannten Grundsätzen der Rechtsprechung des BFH, dass die Einbeziehung einer Nebenleistung in den Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG voraussetzt, dass der Hauptleistende zugleich Nebenleistender ist. Damit fehlt es am nötigen personellen Zusammenhang zwischen den künstlerischen Leistungen der Musiker und den technisch-logistischen Nebenleistungen der K‐GmbH bzw. den vom technischen Hilfspersonal erbrachten personellen Nebenleistungen, denn diese Nebenleistungen sind nicht auf Grundlage der Verträge zwischen der M-GmbH und den Musikern erbracht worden. Wie sich aus den dem Senat vorliegenden Werkverträgen, die mit den einzelnen Musikern der Gruppe abgeschlossen wurden, ergibt, verpflichteten diese sich ausschließlich dazu, der M-GmbH für Musikdarbietungen und sonstige, den Geschäftszweig des Unternehmens umfassende Tätigkeiten im Einzelfall zur Verfügung zu stehen und alle Tourneen, Einzelauftritte, Promotion- und Werbetermine im Bereich des Unternehmens der M-GmbH (Deutschland) wahrzunehmen. Sie schuldeten somit ausschließlich, Musikdarbietungen zu erbringen sowie Promotion- und Werbetermine wahrzunehmen. Die gesamten technischen Dienstleistungen im Rahmen der Konzerte waren nicht Gegenstand der Werkverträge und wurden nicht von den Musikern erbracht. Vielmehr schloss die M-GmbH hierfür gesonderte Verträge, einerseits mit der K-GmbH und andererseits mit dem technischen Hilfspersonal. Die K-GmbH war im Rahmen der Konzerte in Deutschland auch nicht als Subunternehmer für die Künstler tätig, sondern erbrachte ihre Leistungen gegenüber der M-GmbH aufgrund einer zwischen M-GmbH und K-GmbH bestehenden Vertragsbeziehung.
Keine untrennbare Verbindung zwischen technischen Dienstleistungen und musikalischer Darbietung
bb) Die technischen Dienstleistungen waren auch nicht so eng mit der musikalischen Darbietung verknüpft, dass sie – wie das FA meint – untrennbar mit dieser verbunden und aus diesem Grund zwingend den Einkünften nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG zuzurechnen wären. Zwar sind die Musiker bei ihrer Darbietung auf die Bereitstellung der technischen Dienstleistungen angewiesen. Der Senat ist jedoch durch die Vernehmung der Zeugen über den technischen Ablauf der Konzerte zu der Überzeugung gelangt, dass diese Dienstleistungen in Bezug auf die musikalischen Darbietungen nur unterstützender Art und nicht speziell auf die Aufführungen der G zugeschnitten waren. (…)
Der Vortrag des FA, das die jeweiligen Veranstalter den Auftritt der G als einheitliche Leistung gewollt und nicht den Auftritt der Künstler sowie die Licht- und Tontechnik getrennt vereinbaren und erhalten wollten, mag zwar zutreffen. Diese Frage stellt sich im Streitfall jedoch nicht, da Vertragspartner der Veranstalter im Inland allein die M-GmbH war und diese von der M-GmbH diese einheitliche Leistung auch erhalten haben. Das FA verkennt, dass im Streitfall nicht darüber zu entscheiden ist, welche Leistungen die inländischen Veranstalter der Konzerte erhalten haben, sondern es ist allein über die von der M-GmbH als inländische Produzentin der Konzerte bezogenen Leistungen zu befinden. Daher geht auch der Einwand des FA, für die Auftritte der Gruppe sei letztlich eine Gesamtvergütung gezahlt worden, ins Leere, denn die M-GmbH hat unstreitig keine Gesamtvergütung bezahlt.
Auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise wären technische Leistungen nicht den Künstlern zuzurechen
cc) Es kann offen bleiben, ob der Auffassung des FG Köln im Urteil vom 6. 11. 2008, 15 K 4515/02, a. a. O. zu folgen ist, wonach für die Frage, ob auf der Grundlage besonderer Verträge mit einem Dritten und damit den Tatbestand des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG ausschließende Nebenleistungen vorliegen, nicht auf die „formale-zivilrechtliche Gestaltung”, sondern auf eine „wirtschaftliche Betrachtungsweise” abzustellen sei. Bedenklich ist diese Auffassung deshalb, weil die wirtschaftliche Betrachtungsweise es zwar gebietet, für Zwecke der Besteuerung den wirtschaftlichen Inhalt einer vertraglichen Regelung zu erfassen, sie es aber nicht gestattet, die gewählte bürgerlich-rechtliche Form beiseite zu schieben, sofern diese eindeutig, ernstlich gewollt und tatsächlich durchgeführt wird (BFH v. 10. 7. 1974, I R 187/72, BStBl II 1974, 1380, BeckRS 1974, 22002714). Tatsächlich war es nicht ein Durchgriff durch die gewählte bürgerlich-rechtliche Form, der im vom FG Köln entschiedenen Fall zur Feststellung führte, dass der notwendige personelle Zusammenhang zwischen den von der technischen Produzentin erbrachten technischen Nebenleistungen und der künstlerischen Darbietung gegeben war. Vielmehr stellte das FG Köln aufgrund Würdigung aller Umstände fest, dass die technischen Produktionsleistungen für die Veranstaltung der Konzerte aus dem finanziellen, ideellen, personellen und organisatorischen Leistungsbereich der Künstlergesellschaft stammten und die von ihr vielfältig abhängige technische Produzentin ihre Verpflichtungen gegenüber den inländischen Veranstaltern nur aufgrund der Hilfestellung durch die Künstlergesellschaft erfüllen konnte. Letztlich wich die tatsächliche Handhabung seitens der Beteiligten von den Vertragsgestaltungen so stark ab, dass das FG der tatsächlichen Sachbehandlung durch die Beteiligten den Vorrang einräumte.
Im Streitfall kann nicht festgestellt werden, dass die von der K‐GmbH erbrachten Leistungen wirtschaftlich den Künstlern zuzurechnen seien, weil sie aus deren Leistungsbereich stammten. Gegenstand der Vertragsbeziehungen zwischen der M-GmbH und der K-GmbH war lediglich die Überlassung der Musikanlagen (Bühnenequipment) und Transportfahrzeuge. Diese Verpflichtungen konnte die K-GmbH ohne Weiteres erfüllen und sie bedurfte dazu insbesondere nicht der Hilfestellung der Musiker. (…)
Es steht zur Überzeugung des Gerichts auch fest, dass das technische Personal in Bezug auf die Konzerte in Deutschland von der M-GmbH engagiert wurde. (…) Damit besteht kein Grund für die Annahme, es handele sich bei den vom technischen Personal erbrachten Leistungen um eine den Künstlern zuzurechnende Nebenleistung zur Musikdarbietung.
Unerheblich ist es, dass die in den Streitjahren von der K‐GmbH erbrachten Leistungen in den Jahren bis 1997 Teile der von der Musikgruppe erbrachten Gesamtdarbietung dargestellt haben. Im Unterschied zu den Vorjahren wurden in den Streitjahren die Konzertveranstaltungen nicht mehr unmittelbar von den Musikern gegenüber den inländischen Veranstaltern erbracht. Vielmehr war es in den Streitjahren die M-GmbH, die sich als Konzertproduzentin gegenüber den inländischen Konzertveranstaltern dazu verpflichtet hat, nach Maßgabe des jeweils abgeschlossenen Künstlerengagementvertrags die Durchführung eines Konzerts der Gruppe G zu organisieren.
Eindeutiger Wortlaut der Künstlerengagementverträge hinsichtlich des Vertragspartners
dd) Am vorgenannten Ergebnis ändert auch der Hinweis des FA auf Ausschnitte aus den Künstlerengagementverträgen nichts. Wenn der Vertrag insgesamt als Einheit gelesen wird, besteht kein Zweifel daran, dass Vertragspartner des inländischen Veranstalters nicht die Künstler als solche, sondern die M-GmbH war, da die Vertragsparteien im Eingangssatz des Vertrags eindeutig genannt sind. Ziffer 1 des Vertrags stellt dies noch einmal klar, indem darauf hingewiesen wird, dass T-GmbH exklusiv beauftragter Vertragspartner der M-GmbH, nachfolgend „Künstler”, ist. Damit wird der Begriff „Künstler” im Vertragstext definiert, so dass, wenn im Vertragstext der Begriff „Künstler” verwendet wird, damit die M‐GmbH und nicht die Musiker selbst gemeint sind. Soweit daher das FA aus der Bestimmung in Ziff. 16 „das Bühnenequipment (Licht und Ton) wird komplett von den Künstlern gestellt. Einzelheiten siehe gesonderte Bühnenanweisung” ableitet, hierdurch sei belegt, dass das gesamte Bühnenequipment komplett von den Künstlern gestellt werde und nicht von einem Dritten, so liegt dies neben der Sache, denn Vertragspartner des inländischen Veranstalters ist ausschließlich die M-GmbH, die im Vertrag als „Künstler” bezeichnet wird. Diese schuldete dem inländischen Veranstalter die künstlerische Gesamtdarbietung und hatte damit auch das Bühnenequipment zu stellen. Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass die M-GmbH das Bühnenequipment von den Musikern bezogen hätte, denn von wem die M-GmbH als Konzertproduzentin die für die Durchführung des Konzerts erforderlichen Leistungen erhalten hat, ist für die Vertragsbeziehungen der M-GmbH zum inländischen Veranstalter nicht von Bedeutung. Auch die Bühnenanweisung, die Bestandteil des Vertrages war, ist für die hier zu entscheidende Frage ohne Bedeutung. Die Bühnenanweisung bestimmt nur die Anforderungen an die vom Veranstalter zu stellende Bühne vor Ort und hat nichts mit den von der K-GmbH erbrachten technischen Nebenleistungen zu tun.
Gestaltung war auch nicht rechtsmissbräuchlich
c) Die ab 1997 erfolgte Zwischenschaltung der Klägerin (Kl.) bei den inländischen Konzerten der G ist auch nicht rechtsmissbräuchlich i. S. von § 42 AO. Wie die Kl. glaubhaft dargelegt hat, gab es wirtschaftliche Gründe dafür, dass die Gruppe G nicht mehr in unmittelbare Vertragsbeziehungen zu den inländischen Veranstaltern trat, sondern diese Aufgabe auf die M-GmbH übertragen wurde. Es erscheint nachvollziehbar, dass es bei der Durchführung einer Vielzahl von Konzerten für inländische Veranstalter in den Jahren vor 1997, bei denen es sich überwiegend nicht um professionelle Konzertveranstalter gehandelt hat, zu Unregelmäßigkeiten im Rahmen des Steuerabzugs nach § 50a Abs. 4 EStG gekommen ist und die damit verbundenen Probleme durch die Verlagerung der Konzertproduktion auf eine inländische Gesellschaft, die als Vertragspartner für die inländischen Veranstalter fungiert, vermieden werden sollten. Im Übrigen ist ein Gestaltungsmissbrauch regelmäßig nicht gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger – hier die Musiker der Musikgruppe – auf Dauer zwischen sich und einer Einkommensquelle eine inländische Kapitalgesellschaft – hier die M-GmbH – schalten und alle sich daraus ergebenden Konsequenzen ziehen (BFH v. 29. 5. 2008, IX R 77/06, BStBl II 2008, 789, DStR 2008, 1586). Diese Konsequenzen wurden im Streitfall auch tatsächlich gezogen, da – wie oben dargelegt – die M-GmbH die Verträge mit den inländischen Veranstaltern abgeschlossen hat, diesen gegenüber als Produktionsgesellschaft aufgetreten ist und die von ihr geschuldeten Leistungen auch tatsächlich erbracht hat.
Auch der Umstand, dass die Musikgruppe G die technischen Dienstleistungen auf die K-GmbH ausgelagert und nicht mehr in eigener Verantwortung durchgeführt hat, kann nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Die technischen Anlagen befanden sich in der Zeit vor 1997 im Eigentum sämtlicher Gruppenmitglieder. (…)
Die K-GmbH hat auch eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet, indem sie die für ihren Geschäftsbetrieb bestimmten Wirtschaftsgüter eingekauft und an die M-GmbH und andere Konzertveranstalter vermietet hat. Es liegt daher keine bloße formale Zwischenschaltung einer ausländischen Kapitalgesellschaft zum Zwecke der Gewinnverlagerung vor (BFH v. 20. 3. 2002, I R 38/00, BStBl II 2002, 819, DStRE 2002, 1068). Die K-GmbH stellte als Kapitalgesellschaft österreichischen Rechts dem Grunde nach ein selbständiges Steuersubjekt dar, welches die im Rahmen der Vermietung der technischen Anlagen an die M-GmbH erzielten Einkünfte selbst zu versteuern hat. Dass das Besteuerungsrecht hierfür möglicherweise nicht der deutsche Staat, sondern der österreichische hat, kann in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen.
Auch der Umstand, dass die K-GmbH von den Ehefrauen der Musiker X und Y gegründet worden ist, kann für sich alleine nicht zur Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung führen.
Kategorien: Doppelbesteuerung
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