Eigener Hausstand in der Wohnung der Eltern bei einem Profifußballer
Bei einem Profifußballer kann davon ausgegangen werden, dass ein rund 10m² großes Zimmer in der Wohnung der Eltern, nur bezogen wurde um einen eigenen Hausstand zur Ausnutzung von Steuervorteilen zu begründen. Der eigene Hausstand im Zusammenhang mit der Geltendmachung von doppelter Haushaltsführungskosten muss ein den eigenen Lebensbedürfnissen entsprechender Hausstand sein.
Hessisches Finanzgericht 24.06.2009,Az: 5 K 1919/07
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist es streitig, ob der Kläger im Streitjahr 2004 Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung bei der Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen kann.
Der Kläger ist Berufsfußballspieler und spielte im Streitjahr 2004 für die X in der Regionalliga. Der Kläger wohnte zunächst in A. Zum 01.07.2004 wechselte der Kläger zum Fußballklub Y. Ebenfalls zum 01.07.2004 mietete er in B eine 2-Zimmerwohnung an. Auf den Mietvertrag vom 30.06.2004 wird verwiesen. Polizeilich verlegte der Kläger seinen Hauptwohnsitz von A in die Wohnung seiner Eltern in C.
Im Rahmen seiner Veranlagung zur Einkommensteuer 2004 machte der Kläger Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung in einer Gesamthöhe von 6.060,00 € geltend. Auf die Aufstellung in der Einspruchsentscheidung wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
Im Einkommensteuerbescheid 2004 vom 03.08.2005 berücksichtigte das Finanzamt im Rahmen der doppelten Haushaltsführung zunächst einen Betrag für Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 1.248,00 €. Mit Schriftsatz vom 25.08.2005 wies das Finanzamt den Kläger, nachdem dieser Einspruch eingelegt hatte, dann darauf hin, dass der Kläger nach nunmehriger Auffassung in der Wohnung der Eltern keinen eigenen Hausstand unterhalten habe. Deshalb sei der Betrag für Verpflegungsmehraufwendungen zu Unrecht gewährt worden, im Rahmen der Einspruchsentscheidung könne eine entsprechende Verböserung erfolgen. Der Kläger nahm den Einspruch nicht zurück. Mit Entscheidung vom 04.06.2007 erhöhte das Finanzamt die Einkommensteuer 2004 auf 25.278,00 € und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. An Stelle der Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung erkannte das Finanzamt die Kosten für 10 Fahrten im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 6 EStG in Höhe von 870,00 € an (eigener Vortrag des Klägers).
Mit der nunmehr erhobenen Klage ist der Kläger weiterhin der Auffassung, ihm stünden die geltend gemachten Kosten wegen doppelter Haushaltsführung zu. Der Kläger habe sein Arbeitsverhältnis in B zum 30.06.2005 aufgegeben. Er habe dann für die „D“ gespielt. Bis zum September 2006 habe der Kläger ausschließlich in der Wohnung seiner Eltern gewohnt. Dann sei er nach Griechenland umgezogen.
Die Wohnung der Eltern in C, besitze eine Wohnfläche von 91 m². Sie sei mit zwei Schlafzimmern ausgestattet, von denen der Kläger eines bewohnt habe. Alle anderen Räume seien mit den Eltern gemeinschaftlich genutzt worden. Der Kläger habe in die Wohnung der Eltern eine Waschmaschine, ein Bett nebst Schlafzimmermöbeln sowie ein Fernsehgerät verbracht. Die Eltern hätten ihrem Sohn, dem Kläger, mündlich vom 01.07.2004 an das alleinige Nutzungsrecht an einem Schlaf- und Aufenthaltsraum sowie ein Mitbenutzungs- und Mitbestimmungsrecht an allen Räumen mit Ausnahme des elterlichen Schlafzimmers eingeräumt. Der Kläger habe die Eltern immer finanziell unterstützt. So habe er seinem Vater am 15.11.2004 4.000,00 € und am 25.01.2005 5.000,00 € überwiesen. Damit sei auch die Miete abgegolten gewesen.
Der Klageschrift sind diverse Belege in Fotokopie beigefügt, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Insbesondere legte der Kläger eine Flächenaufstellung der elterlichen Wohnung (hiernach bewohnte der Sohn des Klägers einen Raum von 18,66 qm) sowie zwei schriftliche Bestätigungen seiner Eltern vom 31.05.2005 und vom 01.07.2007 vor. Die Eltern geben an, der Kläger habe die gemeinsame Wohnung vom 01.07.2004 bis zum 31.12.2004 gleichberechtigt mitbenutzen dürfen. Der Kläger habe ein Zimmer mit 18,66 m² Wohnfläche allein nutzen dürfen, für alle anderen Räume sei eine gemeinschaftliche Nutzung vereinbart worden. Der Kläger habe an den für die Haushaltsführung wesentlichen Entscheidungen ein gleichberechtigtes Mitspracherecht gehabt und sich dauerhaft an den monatlichen Mietkosten zur Hälfte beteiligt.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 03.08.2005 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 04.06.2007 mit der Maßgabe zu ändern, dass zusätzliche Kosten der doppelten Haushaltsführung in Höhe von 5.190,00 € (6.060,00 € abzüglich von 870,00 €) bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt werden.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es trägt im Wesentlichen vor, der Kläger habe in der elterlichen Wohnung in C keinen eigenen Hausstand unterhalten, weil er in diese eingegliedert gewesen sei, er dort lediglich ein Zimmer bewohnt habe. Das Finanzamt habe auch zu Recht lediglich 10 Fahrten zwischen C und B steuerlich berücksichtigt, weil der Kläger eine größere Anzahl von Fahrten nicht belegt habe.
Mit Verfügung vom 16.04.2009 gab der Senatsvorsitzende dem Kläger auf, einen Grundriss der elterlichen Wohnung vorzulegen sowie die ladungsfähige Anschrift der Eltern zu benennen. Hierauf äußerte sich der Kläger zunächst nicht mehr. Es erging daraufhin die Verfügung vom 03.06.2009 gemäß § 79b der Finanzgerichtsordnung, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
Der Rechtsstreit wurde mit Senatsbeschluss vom 03.06.2009 auf den Einzelrichter übertragen.
Am Vortag der Sitzung legte der Kläger dem Gericht einen Grundriss der elterlichen Wohnung vor, wonach das Zimmer, das er bewohnt haben wollte, nur eine Größe von 10,8 qm habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung stellte der Kläger seinen Vater als Zeugen, der daraufhin vernommen wurde. Auf das Sitzungsprotokoll vom 24.06.2009 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
Dem Gericht lag ein Band Einkommensteuerakten vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz in der im Streitjahr 2004 geltenden Fassung (EStG) können Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nur geltend gemacht werden, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.
Hiernach musste der Kläger in der Zeit vom 1.07.2004 bis zum 31.12.2004 in der Wohnung seiner Eltern „in C“ einen eigenen Hausstand führen. Dies war nicht der Fall.
Der Begriff des „eigenen Hausstands“ setzt maßgeblich voraus, dass der Arbeitnehmer eine Wohnung besitzt, die er unter Umständen bewohnen kann, die seinen Lebensbedürfnissen entsprechen (ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 6.11.2007 VI B 70/07, BFH/NV 2008, 216; Schmidt, Kommentar zum EStG, 28. Aufl. 2009, § 9 EStG Rz. 141). Ist dies nämlich nicht der Fall, spricht der erste Anschein (siehe hierzu: Gräber/von Groll, Kommentar zur Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 96 Rz. 17) dafür, dass der eigene Hausstand lediglich der Steuervorteile wegen behauptet wird. Denn es entspricht der Lebenserfahrung, dass sich niemand ohne Not dauerhaft in einer Wohnung einrichten wird, die seinen Lebensbedürfnissen nicht gerecht wird. Ein hiervon abweichendes Verhalten wäre für das Gericht nicht nachvollziehbar, weil die eigene Wohnung maßgeblich der Entfaltung der eigenen Persönlichkeit dient, beides verfassungsrechtlich geschützt ist (Art. 2 und 13 Grundgesetz).
Der Kläger war im streitigen Zeitraum 27 Jahre alt. Er verfügte als Berufsfußballspieler über ein gehobenes Einkommen und er hatte bereits mit einer Lebensgefährtin gemeinsam einen eigenen Hausstand geführt, wenn dieser auch wegen einer Trennung beendet worden sein mag. Für das Gericht ist es unter diesen Umständen nicht ersichtlich, weshalb der Kläger, der bereits das Leben eines Erwachsenen geführt hatte, sich ohne Zwang wieder in die räumlichen und persönlichen Verhältnisse seiner Kinder- und Jugendzeit zurückbegeben sollte.
Der Kläger hat auch keine substantiierten Einwände vorgebracht, die diese Einschätzung des Gerichts hätten erschüttern können.
Soweit der Kläger hier in der mündlichen Verhandlung die besondere Toleranz der Italiener bezüglich des Zusammenlebens unterschiedlicher Generationen anführen ließ, kann diese, als solche unterstellt, nicht erklären, weshalb der Kläger die beengten Verhältnisse des ihm zugewiesenen Raumes (10,8 qm) ernstlich hätte akzeptieren können. Die Beurteilung des Vorliegens eines eigenen Hausstandes hat nämlich konkret darauf abzustellen, ob in diesem Hausstand, isoliert gesehen, ein dauerhaft für den Kläger angemessenes Wohnen möglich ist. Dagegen ist die Gesamtsicht der Verhältnisse (überwiegender zeitlicher Aufenthalt in B, vorübergehend eingeschränkter und damit erträglicher Wochenendaufenthalt bei den Eltern) unzulässig.
Wenn der Kläger weiter vortragen ließ, er sei eben besonders genügsam gewesen, so kann dies die Sicht der Dinge im Interesse einer gerechten Steuererhebung nicht beeinflussen. Eine solche erfordert die Beurteilung der Voraussetzungen von Steuererleichterungen anhand objektiver Merkmale, um Willkür auszuschließen.
Soweit der Kläger letztlich in der mündlichen Verhandlung vortragen ließ, er sei in die Wohnung seiner Eltern gezogen, um diesen die (für sie peinliche) Annahme größerer Unterhaltszahlungen zu ermöglichen, ist dies eine unbelegte und auch nicht nachvollziehbare Behauptung. Dies gilt schon deshalb, weil die innerhalb von 2 Monaten erfolgten Zahlungen über insgesamt 9.000,00 € von den Eltern des Klägers ernstlich nicht als Gegenleistung für die Überlassung des Zimmers von 10,8 qm empfunden werden konnten.
Auch die Zeugenaussage des Vaters erbrachte keine entgegenstehenden Anhaltspunkte. Hiernach hielt sich der Kläger 2-3mal im Monat bei den Eltern auf, kaufte ein, wusch seine Wäsche, aß regelmäßig nicht zusammen mit seinen Eltern, weil er auswärts weilte. Der Kläger beteiligte sich auch nicht zielgerichtet an den Kosten des Hausstandes, sondern erbrachte seine großzügigen Unterhaltsleistungen. Die angeführten Fakten stehen keineswegs der Annahme entgegen, dass der Kläger bei seinen Eltern keinen eigenen Hausstand unterhielt.
Es konnte so dahinstehen, ob die Aussage des Zeugen glaubhaft war. Anlass zu Zweifeln gibt die Tatsache, dass der Zeuge als Vater des Klägers möglicherweise befangen sein konnte. Insoweit obliegt es grundsätzlich dem Gericht, nachvollziehbare Argumente dafür darzulegen, weshalb es dem Zeugen Glauben schenkt (BFH-Urteile vom 5.03.1980 II R 148/76, BStBl II 1980, 402, und vom 2.12.2004 III R 49/03, BStBl II 2005, 483). Im Streitfall überwogen insoweit eher die Umstände, die für eine Befangenheit des Zeugen sprachen. So versicherte dieser schriftlich zur Vorlage bei Gericht, das Zimmer des Klägers habe eine Größe von 18,66 qm besessen, was sich bei Einreichung der Skizze der Wohnung als unwahr erwies. Auch während der Befragung antworte der Zeuge oft ausweichend und stellte Gegenfragen, ohne Tatsachen anzugeben.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.