Zusammenhangsleistung bei künstlerischen Darbietungen
Voraussetzungen einer Zusammenhangsleistung bei künstlerischen Darbietungen und der Anmeldungspflicht des Auftraggebers. Hierbei kommt es auf die tatsächlichen Gegebenheiten und nicht auf die vertragliche Ausgestaltung an.
FG Köln: Urteil vom 06.11.2008 – 15 K 4515/02
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Vergütungen, die die Klägerin für die technischen Produktionsleistungen im Zusammenhang mit einer Tournee einer beschränkt steuerpflichtigen Sängerin erhalten hat, wie deren Honorar ebenfalls der Steuerabzugspflicht für Showvergütungen nach den §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 d, 50a Abs. 4 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen.
Wirtschaftlicher Hintergrund des Rechtsstreits ist eine Tour, die die Sängerin V (im Folgenden: V) im Jahre 0000 durchführte. Die Tournee führte V zunächst durch Nordamerika, dann durch Europa und schließlich wieder durch Nordamerika. (…)
Die Tour begann am 00.00.0000 in Nordamerika und es wurden bis zum 00.00.0000 insgesamt … Konzerte in den USA sowie Kanada gegeben. 14 Tage nach dem Abschluss des ersten Teils der Nordamerika-Tournee folgte in der Zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 der europäische Teil der Tour. Er führte durch … Staaten, wobei … Konzerte stattfanden, davon … in Deutschland. Der zweite Teil der Nordamerika-Tour beinhaltete weitere … Konzerte, wieder in den USA und Kanada, während der Zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000. (…). Ein zentraler Punkt der Bühnenshow von V war nach den Angaben der Klägerseite die Bühne selbst. (…)
Nach der Darstellung der Klägerseite – auch gegenüber dem früheren Bundesamt für Finanzen in sog. Freistellungsverfahren – und dem weiteren Akteninhalt gestalteten sich die vertraglichen Verhältnisse bei der Durchführung der Tour wie folgt. V bediente sich bei den vertraglichen Vereinbarungen ihrer bereits 0000 nach dem Recht des Staates L, USA, gegründeten künstlereigenen Gesellschaft unter der Firma Q, Inc. (im Folgenden: Q). Diese Gesellschaft hatte im Streitjahr in Deutschland weder einen Sitz noch eine Betriebstätte. V hält seit Gründung alle Aktien der Gesellschaft, als deren Präsidentin sie auch fungiert. V hatte im Streitjahr ihren Wohnsitz in ….
In der Funktion einer Künstler-Vermarktungsgesellschaft oder auch Künstler-Gestellungsgesellschaft schloss Q die maßgeblichen Verträge mit den örtlichen Veranstaltern über die jeweiligen Konzertauftritte von V ab. Dabei ergab sich ein grundlegender Unterschied zwischen den beiden Nordamerika-Teilen einerseits und dem europäischen Teil der Tour andererseits hinsichtlich der vertraglichen Leistung von Q: Während die Verträge mit den nordamerikanischen Veranstaltern die komplette Bühnenshow unter Einbeziehung der gesamten technischen Produktion beinhalteten, verpflichtete sich Q gegenüber den europäischen Veranstaltern im Rahmen der Auftritte lediglich zu der Gestellung von V und ihren Begleitmusikern und Tänzerinnen. Die Beschaffung der gesamten technischen Produktion, die naturgemäß für die Showauftritte erforderlich war und zu der sich der örtliche Veranstalter nach den Vorgaben von Q auch vertraglich verpflichten musste, war nicht Sache von Q, sondern des jeweiligen Veranstalters. Diese technische Produktion umfasste die Bereiche Bühnenherstellung mit Bühnenausstattung, Ton-Anlagen und Beschallung, Video-Anlagen, Beleuchtung von Bühne und Veranstaltungsort, Stromversorgung mit Generatoren, Pyrotechnik für das Bühnenfeuerwerk, komplette Logistik für Montage und Demontage der Bühne, Transport der technischen Einrichtungen mit Lkw, Transport der Bedienungsmannschaften und dem weiteren Personal mit Bussen, Unterkünfte für das Personal und so weiter. Ebenso bedurfte es als Teil der technischen Produktion der Koordination und Überwachung der vorbezeichneten Teilleistungen durch einen Chef-Organisator.
Für die beiden Nordamerika-Teile der Tour organisierte Q die den Veranstaltern vertraglich geschuldete technische Produktion für die Auftritte von V selbst wie folgt: Die bereits oben beschriebene Bühnen-Spezialanfertigung für die Tournee befand sich im Eigentum von Q und konnte ohne weiteres eingesetzt werden. Für die weiteren Teilleistungen der technischen Produktion, also insbesondere Ton, Video, Beleuchtung, Stromversorgung und Transport schloss Q im eigenen Namen und auf eigene Rechnung jeweils Dienstleistungsverträge mit hierauf spezialisierten Unternehmen. Diese begleiteten mit ihren firmeneigenen technischen Anlagen und den für die Bedienung eingesetzten Fachkräften die Tour und erfüllten so als Subunternehmer eine vertragliche Verpflichtung von Q gegenüber den Veranstaltern.
Die erforderliche Organisation und die Koordination dieser Subunternehmer mit dem Ziel einer reibungslosen technischen Produktion wurde von Q durch die Verpflichtung von Herrn C (im Folgenden: C) gewährleistet. C, der im Rechtsverkehr durch seine eigene Personalgestellungsfirma R, Inc. auftrat, war nach den von der Klägerin zu den Finanzamtsakten gereichten Unterlagen im Streitjahr einer der führenden Produzenten für Tourneen von Stars. (…)
Der am 00.00.0000 mündlich geschlossene Vertrag zwischen Q und der C-Firma enthält in seiner schriftlichen Fassung vom 00.00.0000 unter Punkt 3 a die Verpflichtung von C zu allen Dienstleistungen, die üblicherweise ein professioneller Produktionsmanager für eine vergleichbare Tour zu erbringen hat. Als Gegenleistung war unter Punkt 2 für die Dauer der Vorbereitungsphase der Tour ein Monatshonorar von … US-Dollar und für die Zeiten der Tournee selbst ein Wochenhonorar von … US-Dollar zzgl. Spesen vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird auf den betreffenden Vertrag in Band I der Rechtsbehelfsakte, dort unter Fach 1, verwiesen.
Für den europäischen Teil der Tour beschränkte sich Q dagegen, wie bereits erwähnt, in den Verträgen mit den Veranstaltern auf die Gestellung der Künstlerin V und der unmittelbar für den Bühnenauftritt vorgesehenen weiteren Personen, nämlich die Begleitmusiker, Begleitsänger und Tänzerinnen. Die Rolle der technischen Produzentin übernahm insoweit die Klägerin (T Inc.).
Nach ihrer eigenen, vom Beklagten auch nicht bestrittenen Darstellung wurde die Klägerin am 00.00.0000 als Aktiengesellschaft nach dem Recht des Staates L, USA, errichtet. Die Anteile wurden im Streitjahr je zur Hälfte von Frau D und Frau E gehalten. Die Gesellschaft unterhält in Deutschland weder einen Sitz noch eine Betriebstätte. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass weder V noch Q direkt oder indirekt gesellschaftsrechtlich an der Klägerin beteiligt sind. Der Beklagte behauptet auch nicht substantiiert, dass Gelder aus der vorliegend streitigen Tätigkeit der Klägerin als technische Produzentin an V oder Q weitergeleitet worden seien.
Verbindungen außerhalb des nachfolgend beschriebenen Produktionsdienstleistungsvertrages bestanden nach dem Vortrag der Klägerin in der Weise, dass ihre geschäftsführenden Gesellschafterinnen Frau E und Frau D gleichzeitig auch Gesellschafterinnen der Firma F, Inc. sind. Diese 0000 in O, USA, errichtete Gesellschaft erbringt Steuerberatungs- und Buchhaltungsdienstleistungen insbesondere für Künstler der Unterhaltungsindustrie. Die Gesellschaft berät diese Künstler auch bei der Strukturierung ihrer Tätigkeiten und Vermögensanlagen. Zu den Mandanten von F, Inc. (im Folgenden: Steuerberatungsgesellschaft) gehört nach Auskunft der Klägerin auch Q mit ihrer Alleingesellschafterin V. Die Geschäftsleitung der Steuerberatungsgesellschaft, die in Deutschland weder Sitz noch Betriebstätte hat, befindet sich seit ihrer Gründung im Jahre 0000 in ihren eigenen Büroräumen unter der Anschrift …, O, …, USA. Für genau diese Büroräume hat auch Q ihr registriertes Büro zum Zwecke der Zustellung von Dokumenten angegeben. Und auch die Klägerin hat keine eigenen, nur ihrem Geschäftsbetrieb dienenden Büroräume. Vielmehr befindet sich die Geschäftsleitung der Klägerin ebenfalls seit ihrer Gründung in den vorbezeichneten Geschäftsräumen der Steuerberatungsgesellschaft. Es ist weiterhin zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin weder über eigenes (ständiges) Personal noch über eigene Telefonanschlüsse in den betreffenden Geschäftsräumen verfügt. Für ihre Geschäftstätigkeit bedient sich die Klägerin – jedenfalls nach den Verhältnissen im Streitjahr – des Personals und der Kommunikationseinrichtungen der Steuerberatungsgesellschaft. Die insoweit der Steuerberatungsgesellschaft für den Betrieb der Klägerin entstandenen Kosten, insbesondere die durch die Produktion der Europa-Tournee entstandenen Aufwendungen, belastete die Steuerberatungsgesellschaft nicht der Klägerin weiter.
Ausweislich des als Anlage 41 zur Klagebegründung vorgelegten Jahresabschlusses der Klägerin per 00.00.0000 verfügte die Klägerin nicht über Ton-, Licht-, Video- oder sonstige Anlagen, wie sie bei technischen Produktionen zum Einsatz kommen. Das Nettoeigenkapital betrug zum Stichtag etwa … US-Dollar. Nach der vorgelegten US-Körperschaftsteuererklärung der Klägerin für das Jahr 0000, also dem Jahr der Tour, betrug ihr zu versteuerndes Einkommen bei … Dollar Einnahmen und … Dollar Betriebsausgaben … Dollar, was eine Steuer von … Dollar auslöste (Anlage 42 zur Klagebegründung).
Auf die Bitte des Gerichts, ihre Tätigkeit als Produzentin am Markt seit ihrer Gründung in 0000 zu belegen, hat die Klägerin einen Vertrag über die technische Produktion der Tournee eines … Sängers im … und … 0000 an … Orten in … vorgelegt. Auf den betreffenden Vertrag wird Bezug genommen (Blatt 186 bis 194 der FG-Akte). In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin weitere Produktionen geltend gemacht, ohne diese Behauptung jedoch substantiieren zu können.
Die technische Produktion für den europäischen Teil der Tour wurde der Klägerin durch Vertrag vom 00.00.0000 mit Q und V als Vertragspartner übertragen (Blatt 197 bis 205; beglaubigte deutsche Übersetzung Blatt 206 bis 213 der FG-Akte). Die Vereinbarung enthält u. a. die folgenden Bestimmungen:
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Q und V beauftragten die Klägerin mit den technischen Produktionsleistungen der Life-Konzertauftritte von V an verschiedenen Orten in Europa, wozu sich die Klägerin verpflichtete (Vorbemerkungen B und D). Die danach verbindlich vereinbarten Produktionsleistungen für konkrete Life-Auftritte sind unter Punkt 1.1 durch Verweisung auf die Anlage A des Vertrages definiert. In der Anlage A finden sich alle zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgesehenen Auftrittsorte in Europa mit den vorgesehenen Veranstaltungsdaten, darunter auch die vorliegend streitgegenständlichen Konzerte in den deutschen Städten …, … und …. Eine Klausel mit einem Vorbehalt etwa des Inhalts, dass die technische Produktion für einzelne Life-Auftritte auf Wunsch des örtlichen Veranstalters auch an einen anderen Produzenten als die Klägerin vergeben werden könne, enthält der Vertrag nicht.
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Q verpflichtete sich, die in ihrem Eigentum stehende Bühne einschl. der Ausstattung mit Bildschirmen, Leinwänden, etc. für die Dauer der Tournee leihweise zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin hatte hierfür kein Entgelt zu zahlen, sondern sollte nur mit der Bühne sorgfältig umgehen und sie auf Kosten von Q nach der Tournee zurückgeben (Vorbemerkungen C und Punkt 1.3).
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Die Klägerin hatte „für die Betreuung“ ihrer Vertragsleistungen die Dienste von Herrn G in Anspruch zu nehmen, wobei die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Dienste von G durch die Klägerin der vorherigen Zustimmung seitens Q unterlagen (Punkt 1.2). Bei Herrn G handelt es sich um den Manager von V, der nach den Angaben der Klägerin auch den europäischen Teil der Tournee begleitete.
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Neben den Vorgaben für die technischen Produktionsleistungen (Punkt 1.4) hatte die Klägerin für die Laufzeit des Vertrages sowie für ein Jahr danach ordnungsgemäße Bücher und Aufzeichnungen über alle Geschäftsvorgänge bei der Vertragserfüllung zu führen und diese zur Einsichtnahme durch Q zugänglich zu halten. Zudem behielt sich Q ihre Zustimmung für alle Produktionsvereinbarungen der Klägerin mit Dritten und im Hinblick auf Ausrüstung, Einrichtung und Materialien der Produktion vor. Entsprechend bestand eine Pflicht der Klägerin zur vorherigen Absprache mit Q (Punkte 1.5, 1.6 und 1.7).
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Als Gegenleistung für die eingegangenen Verpflichtungen hatte die Klägerin gegenüber Q den Anspruch auf ein Mindesthonorar von … US-Dollar pro Show sowie das Recht, für eigene Rechnung alle Einnahmen einzubehalten, die sie über die eigenen Kosten durch die Produktionsverträge mit den Veranstaltern erwirtschaftete (Punkt 3).
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Die wechselseitigen vertraglichen Freistellungen waren wie folgt geregelt: Q und V verpflichteten sich, die Klägerin „im Hinblick auf Verluste, Schäden, Kosten, Ansprüche, Verbindlichkeiten, Verfahren, Klagen oder Klagegründe sowie deren Festsetzung, Erhebung oder Androhung, die im Rahmen oder im Zusammenhang mit der Tour entstehen, freizustellen und schadlos zu halten, einschl., ohne darauf beschränkt zu sein, angeblicher Personen- oder Sachschäden, die bei oder in Verbindung mit einem Tourengagement entstehen oder angeblich entstanden sind ….“ (Punkt 5.1). Nach Punkt 5.3 lautete die umgekehrte Freistellung von Q und V durch die Klägerin: „T stellt Q und die Künstlerin im Hinblick auf alle Verluste, Schäden oder Kosten frei, die ihnen aus einer Verletzung der in diesem Vertrag enthaltenen Zusicherungen und Gewährleistungen seitens T entstehen.“
Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den vorbezeichneten Vertrag und die von der Klägerin vorgelegte beglaubigte Übersetzung Bezug genommen.
Da die Klägerin – abgesehen von der ihr von Q überlassenen Bühne – nicht über die erforderlichen Gerätschaften und Anlagen sowie das zu deren Bedienung erforderliche Fachpersonal verfügte, verpflichtete sie – wie das auch Q für den nordamerikanischen Teil der Tour getan hatte – die entsprechenden spezialisierten Fachfirmen als Subunternehmer. Auf die von der Klägerin hierzu eingereichten Unterlagen (Anlagen 31 bis 38 zur Klagebegründung) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. So verpflichtete die Klägerin beispielsweise die Firma D, Inc. für Ton-/Audioleistungen, die Firma M, Inc. für die Beleuchtung, die Firma E, Inc. für die benötigten Videoanlagen und die Firma U, Inc. für die Stromversorgung. Die vorbezeichneten US-amerikanischen Firmen waren zuvor bereits von Q für die Konzerte des Nordamerika-Teils der Tour engagiert und eingesetzt worden.
Gleichfalls nahm die Klägerin Herrn C, den Produktionsmanager des Nordamerika-Teils der Tour, über dessen Firma R, Inc. unter Vertrag. Die von Herrn C zu erbringenden Dienstleistungen sind im ersten Absatz der Vereinbarung in der Weise beschrieben, dass C „als Überwacher und örtlicher Koordinator für die V… European Tour zur Verfügung“ zu stehen habe, „mit Verantwortlichkeit einschließlich, aber nicht beschränkt auf das Folgende: die Kontrolle und den Einsatz namens des Produzenten (T, Inc.) über und für alle dienstleistenden Gesellschaften, das Produktionspersonal, den Produktionsmanager, das Verwaltungspersonal, die Koordinierung mit allen örtlichen Veranstaltern, Gebäuden und ihrem Produktionspersonal; Verwaltung aller logistischen Angelegenheiten hinsichtlich der Reisen, der Unterbringung und des Transports für alle ausländischen und einheimischen Angestellten“. In die Zuständigkeit von C fiel nach den „weiteren Bestimmungen“ des Vertrags auch das Aushandeln der Gehälter für die mit der Tournee beschäftigten Produktionsassistenten und das weitere vertraglich gebundene Personal, wie z. B. Zimmerleute, Bühnen-Auf- und -Abbauer etc., wobei die Gehälter von der Klägerin zu genehmigen waren. Es wurde klargestellt, dass die Klägerin verantwortlich für alle Kosten war, die der Tournee unmittelbar zuzurechnen seien, wie z. B. Transport-, Unterbringungs-, Telefon-, Automiet- und Lizenzkosten. Genau wie in dem Vertrag zwischen der C-Gesellschaft und Q war auch in dem Vertrag mit der Klägerin eine Vergütung in Höhe von … US-Dollar pro Woche zzgl. Spesen vereinbart. Anders als in dem Vertrag mit Q war hier jedoch kein Honorar für die Vorbereitungsphase des Tourneeteils bestimmt; eine solche Vorbereitungszeit wird nicht erwähnt. Die Unterschriften der Vertragsparteien datieren vom 00.00.0000 bzw. 00.00.0000. Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den betreffenden Vertrag Bezug genommen (engl. Original als Anlage 27 zur Klagebegründung, unbeglaubigte deutsche Übersetzung in Band II der Rechtsbehelfsakten, Fach „Übersetzte Verträge“).
Die Beigeladene (S GmbH & Co. KG) ist die durch Rechtsform wechselnde Umwandlung entstandene Rechtsnachfolgerin der früheren Firma S GmbH mit Firmensitz in L/Deutschland, wobei im Folgenden aus Vereinfachungsgründen die Bezeichnung als Beigeladene für beide Unternehmen verwendet wird. Die Beigeladene war und ist eine international bekannte und tätige Veranstalterin insbesondere von Pop- und Rockkonzerten. Die Beigeladene veranstaltete in der Zeit vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 … der … in Deutschland stattfindenden Konzerte der V-Tour, nämlich in …, und …. Dazu schloss die Beigeladene zwei Verträge, die beide vom 00.00.0000 datieren, nämlich einen Künstlergestellungsvertrag mit Q betreffend den künstlerisch-musikalischen Teil der V-Auftritte und einen Vertrag mit der Klägerin betreffend die technische Produktion der vier Konzerte.
In dem Künstlergestellungsvertrag zwischen Q und der Beigeladenen verpflichtete sich die Beigeladene unter Punkt 3.2 auf ihre Kosten zu einer technischen Produktion für die Auftritte durch die Gestellung von z. B. einer überdachter Bühne, eines erstklassigen Audio-Systems, eines erstklassigen Beleuchtungssystems, eines erstklassigen Videosystems, jeweils mit Bedienungsmannschaft, dazu die Dienstleistungen eines Produktionsmanagementteams zur Koordination und Präsentation der Systeme. In diesem Zusammenhang heißt es unter Punkt 3.1, Buchstabe c: „Der Veranstalter verpflichtet sich hiermit, … alle Produktionsmaterialien und Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Auftritt … zu beschaffen, wobei diese Materialien und Dienstleistungen dem Rang entsprechen werden, den die Künstlerin in der Unterhaltungsindustrie hat und wobei die Künstlergestellungsgesellschaft sich das Recht vorbehält (welches nur aus wichtigem Grund zurückgehalten oder versagt werden kann), die Produktionsgesellschaft zu genehmigen (und wobei der Veranstalter sich hiermit verpflichtet, der Künstlergesellschaft auf Nachfrage Kopien aller Verträge über die Bereitstellung über Produktionsmaterialien und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen)“. Der Vertrag enthält im Übrigen keine Erwähnung der Klägerin als die von Q gewünschte Produktionsgesellschaft oder eine sonstige Einschränkung der Entscheidungsfreiheit des Veranstalters bei der Auswahl des Produzenten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Originalfassung des als Anlage 1 zur Klagebegründung vorgelegten Vertrags Bezug genommen; zur Teilübersetzung der Klägerin siehe Blatt 58 der FG Akte.
In dem datumsgleichen Vertrag zwischen der Beigeladenen und der Klägerin verpflichtete sich Letztere gegenüber dem Veranstalter zu exakt den gleichen technischen Materialien und Produktionsdienstleistungen, die Q ihrerseits vertraglich von dem Veranstalter gefordert hatte. Hinweise darauf, dass die im eigenen Namen und für eigene Rechnung der Klägerin zu erbringenden Produktionsleistungen tatsächlich Q oder V personell oder finanziell zuzurechnen wären, ergeben sich aus dem Vertrag nicht, auf den im Übrigen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Anlage 2 zur Klagebegründung; unbeglaubigte deutsche Übersetzung in Band II der Rechtsbehelfsakten, Fach „Vertrag T mit S“).
Die betreffenden, von der Beigeladenen veranstalteten Konzerte mit V fanden planmäßig statt. Alle Beteiligten erbrachten ihre nach den geschlossenen Verträgen geschuldeten Leistungen und erhielten ihre vertraglichen Gegenleistungen.
Am 00.00.0000 beantragte die Klägerin bei dem damaligen hierfür zuständigen Bundesamt für Finanzen im Hinblick auf die von der Beigeladenen ihr zu zahlenden Vergütung die Freistellung von inländischen Einkünften vom Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (im Folgenden: DBA-USA). Nach Erörterung lehnte das Bundesamt für Finanzen diesen Antrag mit Bescheid vom 00.00.0000 ab. Auch der hiergegen eingelegte Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg, eine finanzgerichtliche Klage gegen das Bundesamt auf Erteilung eines Freistellungsbescheids wurde von Seiten der Klägerin nicht erhoben. Auf die entsprechenden Vorgänge und den Schriftverkehr in Band I der Rechtsbehelfsakten des Beklagten wird Bezug genommen.
Die Beigeladene hatte zunächst lediglich die an Q gezahlte Vergütung bei dem Beklagten zum Steuerabzug bei Vergütungen an beschränkt Steuerpflichtige gem. § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG angemeldet. Hierfür war eine Freistellung vom Steuerabzug zu keinem Zeitpunkt beantragt worden. Da die beantragte Freistellung des an die Klägerin zu zahlenden Entgelts für die technische Produktion nicht erfolgreich war, gab die Beigeladene unter dem Datum vom 00.00.0000 eine zusätzliche Anmeldung für die an die Klägerin gezahlten Bruttovergütungen in Höhe von … DM ab, woraus sich ein Steuerabzug in Höhe von … DM zzgl. … DM Solidaritätszuschlag ergab. Gleichzeitig legten sowohl die Beigeladene wie auch die Klägerin gegen diese zusätzliche Anmeldung über den Steuerabzug Einspruch ein. Zu dem Einspruch der Beigeladenen als Vergütungsschuldnerin und Steuerabzugsverpflichtete wurde die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Steuerschuldnerin und Vergütungsgläubigerin gem. § 360 Abgabenordnung (AO) förmlich zum Verfahren hinzugezogen, wie auch umgekehrt die Beigeladene zu dem Einspruch der Klägerin.
Der Beklagte wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Diese Entscheidung begründete der Beklagte mit der Ansicht, dass die technischen Produktionsleistungen der Klägerin wirtschaftlich Q zuzurechnen seien. Für die Zwischenschaltung der Klägerin als Produktionsgesellschaft zwischen Q als Künstlergesellschaft und der Beigeladenen als Veranstalter gebe es keine wirtschaftlich vernünftigen Gründe außer der Steuerersparnis. Dies zeige der Umstand, dass die Klägerin für die Tournee-Teile in Nordamerika nicht eingeschaltet gewesen sei. Die Klägerin habe in Ermangelung von eigenem Materialeinsatz und eigenen Dienstleistungen die Produktionsleistung auch tatsächlich nicht erbracht. Hierfür seien Subunternehmer eingesetzt worden, die von dem tatsächlichen Produzenten C koordiniert worden seien. Somit liege ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO vor.
Hiergegen hat die Klägerin, nicht jedoch die Beigeladene Klage erhoben. Die Beigeladene wurde gem. Beschluss des Senats vom 18.07.2008 als Steuerabzugsverpflichtete notwendig gem. § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Verfahren beigeladen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie mit ihrer Klage gegen die Steueranmeldung durch den steuerabzugsverpflichteten Veranstalter nicht nur eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfung der Berechtigung des Beigeladenen zu der streitigen Steueranmeldung erreichen könne. Vielmehr könne sie auch die weitergehenden Voraussetzungen für die Steuerbefreiung materiell mit dem Ziel der Aufhebung der Steueranmeldung überprüfen lassen. Zur Begründung verweist sie auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Juni 2005 I R 33/04, BStBl II 2006, 489 sowie vom 19. November 2003 I R 22/02, BStBl II 2004, 560.
In der Sache trägt die Klägerin vor, dass ihre Vergütungen nicht in das an Q gezahlte Künstlerhonorar einbezogen und der Künstlerabzugssteuer unterworfen werden dürften. Sie habe die streitige technische Produktionsleistung selbst als von Q und V unabhängige Dritte erbracht, ihre Einschaltung als Produktionsgesellschaft in die vertraglichen Vereinbarungen der Tourbeteiligten stelle keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO dar und die streitigen von ihr im Inland bezogenen gewerblichen Einkünfte aus den Produktionsleistungen unterlägen folglich gem. Art. 7 Abs. 2 des DBA-USA nicht der beschränkten Steuerpflicht. Hierzu wird im Einzelnen geltend gemacht:
Zu Unrecht berufe sich der Beklagte für den Steuerabzug von den Vergütungen der Klägerin auf § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG. Ihre Vergütungen für die technische Produktion seien keine „Einkünfte aus anderen mit den künstlerischen Leistungen zusammenhängende Leistungen“ im Sinne der Norm. Nach der eigenen Auffassung der Finanzverwaltung, nämlich nach dem BMF-Schreiben vom 23.01.1996 in BStBl I 1996, 89, dort Tz. 2.2.3.2, zählten zu den Leistungen, die mit den Darbietungen zusammenhingen, zwar „auch technische Nebenleistungen wie Bühnenbild, Beleuchtung, Tontechnik, Kostüme, usw. und Vermittlungsleistungen, soweit sie Teil der Gesamtleistungen sind“. Voraussetzung für die Einbeziehung dieser Nebenleistungen sei nach dem BMF-Schreiben jedoch, dass sie aufgrund des bestehenden Vertragsverhältnisses Teil einer von dem beschränkt Steuerpflichtigen erbrachten Gesamtleistung seien, für die eine Gesamtvergütung gezahlt werde. Würden diese Nebenleistungen dagegen auf der Grundlage besonderer Verträge, die der inländische Veranstalter mit Dritten abgeschlossen habe, von einem anderen als dem Darbieter oder dem die Darbietungen Verwertenden erbracht, so seien die dafür gezahlten Entgelte nicht in die Bemessungsgrundlage für die Abzugsteuer einzubeziehen. Genau dieser letztgenannte Ausnahmetatbestand sei vorliegend jedoch gegeben, da sie, die Klägerin, als Dritte die technischen Produktionsleistungen auf der Grundlage eines besonderen Vertrages mit der Beigeladenen erbracht habe.
Die vorbezeichnete Ansicht der Finanzverwaltung werde zudem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geteilt und in mehreren Entscheidungen bestätigt, so in den BFH-Urteilen vom 16. Mai 2001 I R 64/99, BStBl II 2003, 641 und vom 17. November 2004 I R 20/04, BFH/NV 2005, 892. Dem Beschluss des FG München vom 22. März 2002 1 V 4030/01, EFG 2002, 835, auf den sich der Beklagte berufe, komme demgegenüber keine Bedeutung mehr zu.
Sie selbst, die Klägerin, und nicht etwa Q habe die Produktionsleistungen durch die im eigenen Namen verpflichteten Subunternehmen und mit eigenen finanziellen Mitteln tatsächlich erbracht, wofür Zeugenbeweis angetreten werde. Im Einzelnen sei auf Folgendes hinzuweisen.
Der gesamte Personaleinsatz für die Tour-Produktion sei ihr, der Klägerin, und nicht etwa Q zuzurechnen. Die Steuerberatungsgesellschaft F Inc. beschäftige durchschnittlich 45 ständige Angestellte. Diese würden je nach Bedarf auch für sie, die Klägerin, tätig und zwar insbesondere zwischen den Tourneen für deren Planung und Vorbereitung wie auch während solcher Tourneen, obwohl sie nicht zu den Veranstaltungsorten selbst hingereist seien. Es treffe zu, dass an den Veranstaltungsorten der hierzu über seine eigene Firma verpflichtete C alle Subunternehmer zu koordinieren und das Produktions- und Verwaltungspersonal der Klägerin zu führen gehabt habe. Diese Tätigkeit sei jedoch ausweislich des hierfür geschlossenen Vertrages und der weiteren hierzu vorgelegten Unterlagen im Namen und für Rechnung der Klägerin erfolgt. Für mehrere während der Tour als Arbeitnehmer eingesetzte US-Staatsbürger habe sie, die Klägerin, von der Firma W, Inc. US-Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge in ihrem Namen einbehalten und abführen lassen (Anlagen 14 bis 21 der Klagebegründung). Die Einschaltung von Subunternehmern mit deren Gerätschaften und Fachpersonal sei in der Branche üblich, da es keinen Sinn mache, die hohen Kosten für Personal und Material auch außerhalb von Konzerten und Touren zu tragen. Entscheidend sei, dass die Subunternehmer von ihr vertraglich verpflichtet und bezahlt worden seien, was durch die vorgelegten Verträge, Rechnungen und Zahlungsbelege bewiesen worden sei.
Dementsprechend habe sie ein eigenes wirtschaftliches Risiko getragen. Für die durchgeführte Europa-Tournee habe sie ein Budget aufgestellt (Anlage 12 zur Klagebegründung), ebenso gebe es ein vorgelegtes Budget für die von der Beigeladenen veranstalteten vier Konzerten (Anlage 13 zur Klagebegründung). Die von ihr nach den Verträgen zu tragenden Risiken habe sie durch eigene Versicherungen abgedeckt und die Prämien selbst bezahlt (Hinweis auf Anlagen 10 und 11 zur Klagebegründung). Die belegte Kapitalausstattung von ca. … US-Dollar gem. dem Jahresabschluss 0000 sei für eine Produktionsgesellschaft ausreichend, da sie ihre Vergütungen von den Veranstaltern jeweils mit oder sofort nach den Konzerten erhalte und so fortlaufend ihre erst danach fälligen finanziellen Verpflichtungen gegenüber Subunternehmern und Personal erfüllen könne.
Es treffe allerdings zu, dass Q ihr die speziell für die Tour angefertigte Bühne leihweise, also unentgeltlich, für die Auftritte von V zur Verfügung gestellt habe. Man habe vermeiden wollen, dass Mietzahlungen als Argument für gesellschaftliche Verflechtungen mit der Folge der Annahme steuerlicher Zusammenhangsleistungen gewertet würden. Die überdies von Q an die Klägerin gezahlten 1.000 US-Dollar seien erforderlich gewesen, um die Vereinbarung zur unentgeltlichen Bühnenüberlassung nach dem anzuwendenden Recht des Staates L/USA wirksam und durchsetzbar zu machen. Im Übrigen sei der Betrag von … US-Dollar pro Konzert unbedeutend im Vergleich zu den Produktionskosten, die sie für jedes Konzert vom jeweiligen Veranstalter erhalten habe. Eine Abhängigkeit der Klägerin von Q oder V könne aus diesem Vorgang nicht abgeleitet werden.
Es habe zudem für den jeweiligen Veranstalter keine Pflicht bestanden, zusammen mit dem Engagement von V über Q auch sie, die Klägerin, als technische Produzentin der Show zu engagieren. Eine solche Verknüpfung sei in den Verträgen nicht vorgesehen. Sie ergebe sich auch nicht aus dem Künstlergestellungsvertrag zwischen Q und der Beigeladenen gem. Punkt 3.1 c. Der dort vereinbarte Zustimmungsvorbehalt von Q für die Produktionsmaterialien und Produktionsdienstleistungen im Zusammenhang mit dem Auftritt von V sei eine in der Branche übliche Klausel, da sich der Künstler unbedingt auf die Zuverlässigkeit und das Können des technischen Personals verlassen müsse. Wäre es z. B. bei der Bedienung der … Bühne, die bei der streitigen Tournee eingesetzt worden sei, zu Fehlern gekommen, hätte dies zu ernsten Verletzungen von V führen können.
Weiterhin könne der Beklagte sich für die Einbeziehung der Vergütungen der Klägerin in die an Q gezahlten Entgelte auch nicht auf einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO berufen. Eine Gestaltung, die den Vorgaben der Finanzverwaltung in einem BMF-Schreiben entspreche, könne kaum als rechtsmissbräuchlich qualifiziert werden. Sie, die Klägerin, verstehe die letzten Schriftsätze des Beklagten auch so, dass der Beklagte die früher vertretene Annahme eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten nunmehr nicht mehr aufrecht erhalte. Die Beantwortung der mit Schriftsatz des Beklagten vom 00.00.0000 aufgeworfenen Fragen sei deshalb entbehrlich.
Rechtsirrig leite der Beklagte aus dem Umstand, dass bei dem Nordamerika-Teil der Tour keine Produktionsgesellschaft eingesetzt worden sei, eine Entbehrlichkeit auch für die Europa-Tournee und deshalb eine rechtsmissbräuchliche Einschaltung der Klägerin ab. Die Entscheidung zur Einschaltung einer Produktionsgesellschaft für den europäischen Teil erkläre sich dadurch, dass die Konzerte in Nordamerika in Hallen, sog. Arenen, stattgefunden hätten, die erheblich kleiner als die Sportstadien in Europa gewesen seien. Schon deshalb hätte sich bei den Konzerten in Nordamerika die Zahl der benötigten Lautsprecher, Scheinwerfer und Videogeräte sowie die Logistik für den Transport reduziert. Die wesentlichen Unterschiede ergäben sich jedoch aus der Überdachung der Arenen im Gegensatz zu den Sportstadien. In den Hallen seien Bühne und Gerätschaften gegen Wind und Wetter geschützt, Bedachung und Seitenwände der Bühne entfielen, der Hallenboden mache den Aufbau der Bühnenkonstruktion ohne zusätzliche Fundamente möglich, die wesentlichen Anschlüsse und Geräte zur Beschallung und zur Beleuchtung seien bereits eingebaut und das erforderliche Bedienungspersonal sei bereits vorhanden. Deshalb hätten in Nordamerika oft vier oder mehr Vorstellungen an aufeinander folgenden Tagen stattfinden können, da nach Ende der Vorstellung noch genügend Zeit gewesen sei, nach Bühnenabbau und Transport zum nächsten Veranstaltungsort dort die Anlagen für den nächsten Tag wieder aufzubauen. In Europa habe jedoch die Fundamentkonstruktion in den Stadien mindestens einen Tag vor der Vorstellung errichtet werden müssen und nach der Show sei ein Tag zum Abbau benötigt worden. Aus diesem Grunde seien zwei und gelegentlich drei Sätze der Stahlelemente für das Fundament sowie der Elemente des Bühnenbodens erforderlich gewesen, weil jeweils ein Satz zum übernächsten Auftrittsort habe vorausgeschickt werden müssen. Die Größe der europäischen Stadien habe auch erheblich verstärkte Beleuchtung und zusätzliche Lautsprecher erfordert. Ebenso hätten die Videobildschirme in den Stadien erheblich größer und lichtstärker sein müssen, da die Vorstellungen im Sommer bei Tageslicht begonnen hätten, während die überdachten Arenen in Nordamerika stets hätten genügend abgedunkelt werden können. Hierzu hat die Klägerin entsprechende Zeichnungen als Anlagen 6 bis 8 zur Klagebegründung vorgelegt. Ein weiteres Argument ergebe sich aus dem Einsatz von pyrotechnischen Effekten in den europäischen Stadien, während Feuerwerk in den Hallen von Nordamerika verboten gewesen sei. Der Unterschied zwischen den Produktionserfordernissen könne dadurch verdeutlich werden, dass in Nordamerika nur 14 Lastwagenzüge zum Transport der Tour erforderlich gewesen seien, während es in Europa 25 Lastzüge gewesen seien.
Es sei schließlich eine unschlüssige Annahme des Beklagten, dass sie, die Klägerin, als Produktionsgesellschaft für … Konzerte in … europäischen Ländern eingeschaltet worden sei, um den Steuerabzug für nur … Konzerte in Deutschland zu vermeiden. Der Beklagte behaupte im Übrigen selbst nicht, dass Q an den Einkünften der Klägerin beteiligt gewesen sei.
Die Beigeladene unterstützt das Klagebegehren der Klägerin. Zur Begründung vertritt sie den rechtlichen Standpunkt der Klägerin mit im Wesentlichen gleichen Argumenten. Insbesondere hebt sie hervor, dass nach der jüngeren BFH-Rechtsprechung ein Zusammenhang zwischen künstlerischer Leistung und technischer Nebenleistung ausgeschlossen sei, wenn die Nebenleistung durch einen Dritten auf der Basis eines gesonderten Vertrages erfolge. Ein solcher Sachverhalt sei vorliegend gegeben.
Die Klägerin und die Beigeladene beantragen übereinstimmend,
die Steueranmeldung vom 00.00.0000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 00.00.0000 aufzuheben, hilfsweise im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.
Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, dass es sich bei den technischen Produktionsleistungen der Klägerin um unselbständige Nebenleistungen zu den künstlerischen Darbietungen von V bzw. Q handele, so dass die Vergütungen an die Klägerin mit in den Steuerabzug einzubeziehen seien. Die Klägerin sei auch im Verhältnis zu V bzw. Q kein Dritter, der eine selbständige Produktionsleistung erbracht habe. Vielmehr sei die Klägerin gar nicht in der Lage gewesen, die ihr zugeschriebenen Leistungen zu erbringen. Hierfür habe es bereits an eigenem Personal und an eigenen Geschäftsräumen gefehlt. Die Klägerin habe auch auf Nachfrage nicht mitgeteilt, welche der 45 Arbeitnehmer der Steuerberatungsgesellschaft mit welchen Fähigkeiten für die Tournee gearbeitet hätten. Die Unselbständigkeit der Klägerin und ihre Abhängigkeit von Q zeige sich weiterhin in dem Umstand, dass der Klägerin die kostspielige Bühne von Q überlassen worden sei, ohne dass eine Vergütung hierfür zu zahlen gewesen wäre. Im Gegenteil habe die Klägerin sogar noch einen Zuschuss für ihre Produktionskosten erhalten. Bei Würdigung dieser Umstände könne die Klägerin jedenfalls nicht als Dritter im Sinne des BMF-Schreibens angesehen werden.
Die Produktionsleistung sei tatsächlich von dem bereits bei dem Nordamerika-Teil der Tour tätig gewesenen Produzenten C und von den von diesem verpflichteten Subunternehmern erbracht worden. Die Einschaltung der nur formal als Produktionsfirma aufgetretenen Klägerin für die Europa-Tournee sei zudem sachlich nicht erforderlich gewesen. Dies zeige die Tatsache, dass bei der Nordamerika-Tour die technische Produktion von Q allein geleistet worden sei. Die hierfür von der Klägerin abgegebene Begründung überzeuge nicht. Insbesondere könnten die Unterschiede für Auftritte einerseits in Hallen und andererseits in Stadien die Einschaltung der Klägerin nicht rechtfertigen. Schließlich stütze die im Beschluss des FG München vom 22.03.2002 vertretene Rechtsansicht die Position des Beklagten. Die Frage nach einem eventuellen Gestaltungsmissbrauch stelle sich demnach zunächst nicht.
Die Klage ist – auch soweit die Beigeladene einen eigenständigen Sachantrag gestellt hat – unbegründet. Die streitige Steueranmeldung ist rechtmäßig und verletzt weder die Klägerin noch die Beigeladene in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
I. 1.
Die zulässige Klage der Klägerin ist jedenfalls unbegründet.
Die Klägerin war als Steuerschuldnerin berechtigt, die von der Beigeladenen als Vergütungsschuldnerin dem FA gemäß § 73e S. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung i.d.F. für das Streitjahr (EStDV) übersandte und nach § 168 S. 1 der Abgabenordnung (AO) einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehende Steueranmeldung über den Gläubiger und die Höhe der Vergütungen i.S. des § 50a EStG und die Höhe des Steuerabzugs aus eigenem Recht anzufechten (std. höchstrichterl. Rspr., so zuletzt noch BFH-Beschluss vom 7. November 2007 I R 19/04, BStBl II 2008, 228).
Die Steueranmeldung enthält allerdings keine Steuerfestsetzung gegen den Vergütungsgläubiger. Folglich kann im Rahmen des Einspruchs und der Klage (allein) des Vergütungsgläubigers gegen die Steueranmeldung nur die Rechtmäßigkeit des Steuerabzugs und damit nur geprüft werden, ob der Vergütungsschuldner, der sich selbst nicht gegen die Anmeldung wehrt, die Steueranmeldung vornehmen durfte oder nicht. Dazu ist dieser zur Vermeidung eines eigenen Haftungsrisikos (vgl. § 50a Abs. 5 S. 5 EStG) aber schon dann berechtigt, wenn die sachliche Steuerpflicht der Vergütungen jedenfalls zweifelhaft ist. Liegen solche Zweifel vor, ist der Vergütungsgläubiger gehalten, seine Rechte im Rahmen eines eigenständigen Freistellungs- oder Erstattungsverfahrens in unmittelbarer, ggf. auch analoger Anwendung von § 50d Abs. 1 und 2 EStG oder auch von § 50 Abs. 5 S. 4 Nr. 3 EStG durchzusetzen (vgl. nur BFH-Beschluss in BStBl II 2008, 228 mit Darstellung der ständigen BFH-Rspr. und zustimmenden Literaturnachweisen).
2.
a) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze wäre die Klage der Klägerin möglicherweise schon deshalb als unbegründet abzuweisen, weil die Berechtigung zu der streitigen Steueranmeldung sich vorliegend allein schon aus der Zweifelhaftigkeit der sachlichen Steuerpflicht der Vergütungen ergibt. Denn der Umfang der sog. Zusammenhangsleistungen i.S.v. §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 d, 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG ist höchstrichterlich nicht geklärt und in Rechtsprechung und Literatur umstritten (s. hierzu die Ausführungen unten unter II. 1.b; so ausdrücklich auch BFH-Beschluss in BStBl II 2008, 228).
Soweit die Klägerin eine uneingeschränkte gerichtliche Überprüfung unter Hinweis auf die BFH-Urteile vom 28. Juni 2005 I R 33/04, BStBl II 2006, 489 sowie vom 19. November 2003 I R 22/02, BStBl II 2004, 560 für geboten hält, ist dieser Hinweis unzutreffend, weil diese Entscheidungen sich nur darüber verhalten, welche Rechtsfragen innerhalb und außerhalb des Verfahrens nach § 50d EStG zu entscheiden sind.
b) Die demnach nur begrenzte gerichtliche Überprüfung des Klagebegehrens der Klägerin könnte jedoch verfahrensrechtlichen Bedenken im Hinblick darauf begegnen, dass nunmehr auch die Vergütungsschuldnerin und Steuerabzugsverpflichtete in ihrer prozessualen Funktion als notwendig Beigeladene die Aufhebung ihrer Steueranmeldung als rechtswidrig begehrt (vgl. zum eigenständigen, ggf. auch vom Klägerantrag abweichenden Antragsrecht des notwendig Beigeladenen BFH-Urteil vom 14. September 1989 IV R 17/87, BFH/NV 1990, 782).
c) Letztlich kann der Senat diese verfahrensrechtliche Frage unentschieden lassen. Denn selbst bei einer uneingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit des Sachantrags der Klägerin wäre ihre Klage – dann aus den Gründen zu nachfolgend II. – als unbegründet abzuweisen.
II. Die streitige Steueranmeldung gem. § 50a Abs. 5 EStG i.V.m. § 73e EStDV ist rechtmäßig und verletzt die Beigeladene nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Recht die an die Klägerin gezahlten Vergütungen als beschränkt steuerpflichtige Einkünfte qualifiziert und dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG i.d.F. für das Streitjahr unterworfen.
1.
Nach der vorbezeichneten Norm wird die Einkommensteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen im Abzugswege erhoben, wenn diese aus im Inland ausgeübten künstlerischen Darbietungen Einkünfte im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 2 d EStG erzielen. Hierunter fallen nach dem übereinstimmenden Wortlaut von § 49 Abs. 1 Nr. 2 d und § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG auch Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen.
Welche Voraussetzungen für die Annahme solcher „zusammenhängender“ Leistungen zu fordern sind, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
a) Dies gilt allerdings nicht für den sachlichen Zusammenhang von (künstlerischer) Haupt- und der weiteren Nebenleistung. Hier besteht Einigkeit über eine weite Fassung der einzubeziehenden Leistungen, etwa technisch-logistischer, organisatorischer oder handwerklicher Natur. Unproblematisch werden deshalb die Produktionskosten für die künstlerische Darbietung (wie z.B. für Tontechnik, Beleuchtung, technische Ausstattung, Bühnenbild), die Kosten für die Gestellung von technischem Personal, dessen Hotelunterbringung, Transport o.ä. als Zusammenhangsleistung i.S.v. § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG angesehen (ausführlich mit umfangreichen Nachweisen hierzu Hidien in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, EGL Stand 7/04, § 49 E 414 f).
b) Um so vielfältiger ist das Meinungsspektrum hinsichtlich des zu fordernden personellen Zusammenhangs für die Annahme von Zusammenhangsleistungen im Sinne des Gesetzes. Eine sehr weitgehende Auffassung vertritt hierzu das FG München (Beschluss vom 22. März 2001 – 1 V 4030/01, EFG 2002, 835), auf das sich vorliegend auch der Beklagte beruft. Nach dieser Entscheidung können – entgegen dem BMF-Schreiben vom 30. Mai 1995 – IV B 4 – S 2303 – 147/95, BStBl I 1995, S. 337 Tz. 2.2.3.2. – selbst solche Vergütungen für Nebenleistungen einbezogen werden, die auf der Grundlage besonderer Verträge erbracht werden, die der inländische Veranstalter mit von dem Künstler unabhängigen Dritten geschlossen hat. In der Literatur ist diese Auslegung weitgehend auf Ablehnung gestoßen. Hier wird für die Annahme einer Zusammenhangsleistung überwiegend eine personelle Identität des Erbringers von Haupt- und Nebenleistung gefordert (vgl. z.B. Hidien, aaO., E 411; Frotscher, EStG, EGL 3/08, § 49 Tz 59; Maßbaum in H/H/R, EStG, EGL 10/00, § 49 Anm. 548; relativierend Ramackers in Littmann, EStG, EGL 8/03, § 49 Rz 202, der auch von unterschiedlichen Vertragspartnern erbrachte Leistungen dann mit der Hauptleistung zusammenfassen will, wenn in der Gesamtbetrachtung der Eindruck eines Angebots einer umfassenden Gesamtleistung entsteht; Heinicke in Schmidt, EStG, 27. Aufl. 2008, § 49 Rz 32 sowie Wied in Blümich, EStG, EGL 10/02, § 49 Rz 107 wollen darauf abstellen, ob die kritischen Nebenleistungen „aus dem Leistungsbereich des Darbietenden“ stammen, ohne auf die formale Stellung des Nebenleistungsträgers abzuheben).
Der BFH hatte bisher aus verfahrensrechtlichen Gründen noch keine Veranlassung, seine Rechtsauffassung zu der Problematik auf einen konkreten Fall anzuwenden. Er hat sich bisher nur abstrakt in der Weise geäußert, dass einerseits die eigentliche steuerbegründende Hauptleistung – entweder die Darbietung oder deren Verwertung-, und andererseits die darin einbezogenen und mit diesen zusammenhängenden Nebenleistungen von einem und demselben Anbieter „aus einer Hand“ erbracht werden müssten, um als Zusammenhangsleistungen behandelt werden zu können. Nur so erkläre sich nämlich die gesetzliche Zuordnung dieser Nebenleistungen zu den jeweiligen Haupttätigkeiten „einschließlich“). Würden Nebenleistungen dagegen auf der Grundlage besonderer Verträge, die der inländische Veranstalter mit einem Dritten abgeschlossen hat, von einem anderen als dem Darbietenden oder dem die Darbietung Verwertenden erbracht, fehle der erforderliche tatsächliche, konkrete und untrennbare Zusammenhang mit der Darbietung oder deren Verwertung (BFH-Urteile vom 16. Mai 2001 I R 64/99, BStBl II 2003, 641; vom 17. November 2004 I R 20/04, BFH/NV 2005, 892). Diese Auslegung hat der BFH in seiner jüngsten Entscheidung noch dahingehend präzisiert, dass der die Nebenleistungen erbringende Dritte gegenüber dem Künstler ein „unabhängiger“ Dritter sein müsse, wobei der BFH keine Veranlassung zu einer Definition der Art von Unabhängigkeit hatte (BFH-Beschluss in BStBl II 2008, 228).
2.
Der Senat sieht im Streitfall die Voraussetzungen sowohl für sachliche wie auch für personelle Zusammenhangsleistungen als gegeben an.
a)
Die der Klägerin von der Beigeladenen vergüteten vielfältigen Teilleistungen im Rahmen der technischen Gesamtproduktion der Konzerte stehen ausnahmslos und zweifelsfrei in einem direkten sachlichen Zusammenhang mit der künstlerischen Hauptleistung, also der Bühnenshow von V und ihrem Team (…). Eine hervorragende optische Präsentation des Auftritts mit vielfältigen, ausgefallenen Showelementen (…) mit erstklassigen Soundanlagen, … sowie eine perfekte Organisation und Logistik sind unverzichtbare Elemente einer erfolgreichen Tournee eines Weltstars, weil sowohl Konzertbesucher wie auch Konzertveranstalter dies als Standard erwarten.
b)
Aber auch der nötige personelle Zusammenhang zwischen den technischen Nebenleistungen der Klägerin und der künstlerischen Darbietung durch V / Q ist im Streitfalle festzustellen.
Dabei folgt der Senat den als zutreffende Gesetzesauslegung erkannten o.a. Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass also Haupt- und Nebenleistungen von einem und demselben Anbieter „aus einer Hand“ erbracht werden müssen, um als Zusammenhangsleistungen behandelt werden zu können, wohingegen die vertraglich gesondert vereinbarte und durch einen unabhängigen Dritten erbrachte Nebenleistung eine solche steuerliche Qualifizierung ausschließt. Zur Beantwortung der Frage, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist nach Ansicht des Senats allerdings nicht auf die formal-zivilrechtliche Gestaltung, sondern auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen. Denn der Regelung in § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG kann der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, durch das Tatbestandsmerkmal „Zusammenhang“ wirtschaftlich Zusammengehöriges zu besteuern und diese Besteuerung nicht durch formale Aufteilungen „unterlaufen“ zu lassen (so auch die Gesetzesbegründung in BT-Drucksache 10/1636 S. 64).
Bei der somit gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Leistungsbeziehungen war die Klägerin jedoch zur Überzeugung des Senats keine gegenüber Q unabhängige Dritte. Vielmehr hat im Streitfall tatsächlich Q gegenüber der Beigeladenen sowohl die Haupt- wie auch die Nebenleistung „aus einer Hand“ erbracht. Diese Überzeugung des Senats gründet sich ungeachtet der formalen Selbstständigkeit der Klägerin und der fehlenden gesellschaftsrechtlichen Beteiligung von Q auf einer Vielzahl von tatsächlichen und rechtlichen Umständen des Streitfalles, die in der Gesamtbetrachtung eine solche sichere Schlussfolgerung zulassen.
(1) Zunächst ist allerdings klarzustellen, dass eine Gesamtleistung „aus einer Hand“ nicht schon durch den Produktionsdienstleistungsvertrag zwischen Q / V einerseits und der Klägerin andererseits vom 00.00.0000 begründet wurde. Darin wurde zwar die technische Produktion aller Konzerte in Europa ausschließlich durch die Klägerin verbindlich vereinbart und weder Q noch ein örtlicher Konzertveranstalter hatte damit die Freiheit der Wahl einer anderen Produktionsgesellschaft für die Auftritte. Wegen dieser Koppelung konnte also auch die Beigeladene faktisch nur V mit der Klägerin im „Doppelpack“ verpflichten. Eine solche Gestaltung ändert im Allgemeinen aber dennoch nichts an der auch wirtschaftlich gesonderten Erbringung von Haupt- und Nebenleistung durch unterschiedliche Personen im Rahmen von gesonderten Verträgen, zumal es für eine solche Gestaltung gute Gründe gibt. Auch die hierfür von der Klägerin vorgetragenen Gründe, nämlich dass sich ein Showstar wie V unbedingt auf die Zuverlässigkeit und Sachkunde „seiner“ Produktionsgesellschaft verlassen können muss und keine Risiken mit „fremden“ Produzenten eingehen will, sind für den Senat durchaus einleuchtend und gut nachvollziehbar.
(2) Keineswegs einleuchtend ist dann jedoch, dass die Wahl von V / Q ausgerechnet auf die Klägerin als vermeintlich hierfür geeignete Produzentin gefallen ist. Demnach hat eine Sängerin für den Europa-Teil ihrer Welttournee mit … Auftritten in … Staaten in Kenntnis aller Fakten eine Produktionsgesellschaft ausgewählt, die
–
über kein eigenes (ständiges) Personal, keine eigenen Büroräume und keine eigenen Kommunikationseinrichtungen verfügte,
–
über keinerlei für die Produktion erforderlichen Anlagen, Gerätschaften und Fahrzeuge verfügte, abgesehen von einer evident unzureichenden Kapitalausstattung von ca. … US-Dollar zum Ende des Streitjahres,
–
von zwei Gesellschafter-Geschäftsführerinnen betrieben wurde, deren berufliche Kernkompetenzen in Buchführungs- und Steuerberatungsdienstleistungen lagen, die sie in einer großen Steuerberatungsgesellschaft erbrachten, und die es nicht für erforderlich hielten, zu den Veranstaltungsorten ihrer Produktionsgesellschaft zu reisen, um bei der Produktion der Shows vor Ort zumindest präsent zu sein und
–
deren (dem Gericht gegenüber nachweisbare) praktische Erfahrung in dem Metier sich darin erschöpfte, in den knapp vier Jahren seit Gründung einmal eine Tour eines Sängers durch … produziert zu haben.
Erklärlich ist dieser erstaunliche Vorgang nur durch die Erkenntnis, dass die formal / zivilrechtlich von der Klägerin erbrachten technischen Produktionsleistungen tatsächlich und wirtschaftlich dem Leistungsbereich von Q zuzurechnen sind, so dass die o.a. personellen, fachlichen, organisatorischen und finanziellen Defizite der Klägerin praktisch keine Rolle spielten.
(3) Besonders augenfällig wird dies in dem Punkt „Bühnenüberlassung von Q an die Klägerin“. Dass die Gestellung und Ausrüstung der Tour-Bühne ein besonders wichtiger Teil der technischen Produktion war und damit grundsätzlich in den Aufgabenbereich der Klägerin fallen sollte, dürfte nicht zweifelhaft sein, wie auch die Überlassung an die Klägerin zeigt. Vorliegend wurde die kostspielige Bühne … jedoch von Q ausschließlich auf deren eigene Kosten angeschafft. Die Klägerin beteiligte sich nicht anteilig an den Kosten, etwa in dem Verhältnis der Anzahl der von ihr zu produzierenden zu der Gesamtzahl der Konzerte. Es mag noch nachzuvollziehen sein, dass Q möglicherweise deshalb in die finanzielle Bresche springen musste, weil die unterkapitalisierte Klägerin ein solches Investment nicht tätigen konnte. Dann wäre es jedoch im Geschäftsverkehr zwischen voneinander unabhängigen Partnern als selbstverständlich zu erwarten gewesen, für die Überlassung der Bühne an die Produktionsgesellschaft als Nutznießerin zumindest eine kostendeckende Miete zu vereinbaren. Immerhin verdiente die Klägerin ihre Vergütungen nicht zuletzt auch mit diesem aufwändigen Produkt. Warum Q statt dessen die Bühne unentgeltlich überlassen hat, wirtschaftlich gesehen also diese Gesellschaft statt der Klägerin eine technische Produktionsleistung erbracht hat, hat die Klägerin nicht nachvollziehbar erklären können: Die in der mündlichen Verhandlung gegebene bemerkenswerte Erläuterung, man habe durch die Unentgeltlichkeit den Eindruck einer Verflechtung und damit die Annahme steuerlicher Zusammenhangsleistungen vermeiden wollen, bestätigt eher noch die Feststellung einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Klägerin von Q.
Fraglich erscheint dem Senat überdies, warum die Klägerin darüber hinaus sogar noch eine Art Produktionskostenzuschuss von … US-Dollar pro Auftritt von Q erhalten hat: Ob der unsubstantiierte Hinweis auf eine entsprechende Regelung im Recht des Staates L/USA zutrifft, kann der Senat aber offen lassen. Es ist jedenfalls festzustellen, dass die in einem entscheidenden Punkt eingesetzte Finanzkraft von Q und die kostenmäßige Schonung der wirtschaftlich abhängigen Klägerin durch Q eine bestimmte technische Teilleistung erst ermöglichte.
(4) Von Q unentgeltlich übernommen hat die Klägerin ganz offensichtlich auch das „Know-how“ für die technische Produktion, soweit dies darin bestand, die für die Europa-Tour in den wesentlichen Bereichen einzusetzenden besten Subunternehmer auszuwählen: Die Klägerin verpflichtete für die wichtigsten technischen Teilleistungen Ton, Licht, Video und Stromversorgung die nämlichen Spezialunternehmen, die Q bereits für den ersten Teil der Nordamerika-Tour unter Vertrag genommen hatte. Gleiches gilt für die Verpflichtung von C als dem erfahrenen und – im Außenverhältnis – universell zuständigen Produktionsmanager mit weit reichenden Kompetenzen. Die Vor-Entscheidungen von Q glichen so die unzureichende Erfahrung der abhängigen Klägerin aus.
(5) Wegen der vertraglichen Weisungs- und Kontrollrechte von Q / V zu den Leistungsinhalten wäre es der Klägerin allerdings auch kaum möglich gewesen, andere als Q genehme Subunternehmer einzuschalten. Denn nach Punkt 1.7 des Dienstleistungsvertrags mit Q hatte die Klägerin die vorherige Zustimmung von Q zu allen Produktionsvereinbarungen zwischen der Klägerin und Dritten einzuholen. Und selbst darüber hinaus stand die Klägerin erkennbar unter der Weisungsbefugnis von Q / V: Wenn gem. Punkt 1.2 des Dienstleistungsvertrags die Klägerin ihre vertraglichen Leistungen von Herrn G, dem Manager von V, „betreuen“ lassen musste, so wollte Q erkennbar sicher gehen, dass die Europatour-Premiere der beiden Nebenerwerbsproduzentinnen Frau E und Frau D durch die entscheidenden Vorgaben des V-Managements geprägt sein würde. Herr G begleitete zudem – anders als die geschäftsführenden Gesellschafterinnen der Klägerin – die Tour. Es ist festzustellen, dass bei der Produktion im Zweifel Q auch organisatorisch das Sagen hatte und damit die diesbezüglichen Leistungen erbrachte.
(6) Der Klägerin können die Produktionsleistungen schließlich auch nicht wirtschaftlich mit der Begründung zugerechnet werden, dass sie die Kosten der im eigenen Namen eingegangenen Verpflichtungen gegenüber Dritten gezahlt und so ein eigenes wirtschaftliches Risiko ihrer Geschäftstätigkeit getragen habe. Tatsächlich wurde der Klägerin jegliches Verlustrisiko von Q und V durch die Freistellungsklausel gem. Punkt 5.1 des Produktionsdienstleistungsvertrags abgenommen. Diese Risikoübernahme ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Vereinbarung, die eine Freistellung für u.a. Verluste, Kosten, Ansprüche und Verbindlichkeiten „in Zusammenhang mit der Tour“ formuliert, demnach also auch einen geschäftlichen Verlust der Klägerin als Produktionsgesellschaft der Tour umfasst. Demgegenüber hatte die Klägerin Q und V nur beschränkt für solche u.a. Verluste und Kosten freizustellen, die diesen aufgrund von Vertragsverletzungen durch die Klägerin entstanden (Punkt 5.3).
Mit der Abnahme des geschäftlichen Verlustrisikos steht offensichtlich die einseitige Pflicht der Klägerin gem. Punkt 1.5 der Dienstleistungsvereinbarung in Zusammenhang, wonach sie Bücher und Aufzeichnungen über die vertraglichen Geschäftsvorgänge zu führen hatte und Q ein Einsichtsrecht gewähren musste. Anders lässt sich diese Vereinbarung, die zwischen von einander unabhängigen Geschäftspartnern kaum denkbar wäre, nicht erklären.
c)
Im Ergebnis ist bei Würdigung aller Umstände festzustellen, dass die technischen Produktionsleistungen für die vier von der Beigeladenen veranstalteten Konzerte aus dem finanziellen, ideellen, personellen und organisatorischen Leistungsbereich von Q stammen. Die von ihr vielfältig abhängige Klägerin konnte ihre Verpflichtungen der Beigeladenen gegenüber nur aufgrund der Hilfestellung durch Q erfüllen. Für die Frage des personellen Zusammenhangs der technischen Nebenleistung mit der künstlerischen Hauptleistung ist also auf Q abzustellen mit der Folge, dass objektiv diese Gesellschaft Haupt- und Nebenleistungen „aus einer Hand“ erbracht hat. Dass die Vergütungen für die Nebenleistung an die Klägerin gezahlt worden sind, ist für die Besteuerung nach der klaren Gesetzesformulierung „… unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen“) ohne Bedeutung. Greift demnach § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG i.V.m. Art. 17 Abs. 1 DBA-USA ein, so ist Art. 7 Abs. 1 DBA-USA nicht einschlägig.
3.
Der Senat bejaht das Vorliegen von Zusammenhangsleistungen und damit die beschränkte Steuerpflicht der an die Klägerin gezahlten Vergütungen nach den vorstehenden Überlegungen bereits aufgrund der Auslegung des § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG, der keine Regelung zur Vermeidung von Rechtsmissbräuchen beinhaltet (Hidien, aaO. § 49 E 411). Feststellungen im Hinblick auf einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts waren für die Entscheidung nicht zu treffen. Das Gericht hat deshalb auch keine Veranlassung, auf die vorgetragenen Gründe für die Einschaltung der Klägerin einzugehen. Es bedurfte somit auch nicht der Prüfung, ob der gegenüber § 42 AO ggf. vorrangige Tatbestand des § 50d Abs. 1a EStG in der Fassung für das Streitjahr erfüllt ist (Hinweis auf BFH-Urteil vom 29. Januar 2008 I R 26/06, BFH/NV 2008, 1046).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 S. 1 FGO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Kategorien: DBA
Schlagworte:Künstelerische Darbietungen